Medizinrecht Was ist im Medfluencer-Marketing erlaubt?

Verordnungen Autor: Isabel Aulehla

Sowohl der Influencer als auch das Pharmaunternehmen haftet bei einer rechtswidrigen Werbemaßnahme. Sowohl der Influencer als auch das Pharmaunternehmen haftet bei einer rechtswidrigen Werbemaßnahme. © ra2 studio – stock.adobe.com

Welche Regeln gelten für Werbung durch ärztliche Influencer? Der auf Medizinrecht spezialisierte Rechtsanwalt und Arzt Prof. Dr. Dr. Alexander Ehlers antwortet. 

Für welche Art von Produkten dürfen Ärzte vor Laien werben?

Zunächst einmal gilt für Ärzte die Berufsordnung. § 27 der Musterberufsordnung untersagt es Ärzten, im Zusammenhang mit ihrer ärztlichen Tätigkeit für eigene oder fremde gewerbliche Tätigkeiten oder Produkte zu werben. Gestattet sind Ärzten lediglich „sachliche berufsbezogene Informationen“, nicht aber ein sogenanntes „am Gewinn orientiertes Verhalten“. Dies schließt die „klassische“ Werbung, wie man sie teilweise im Fernsehen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sieht, aus. Der Begriff des „Zusammenhangs mit der ärztlichen Tätigkeit“ ist weit auszulegen; umfasst sind sämtliche Dienstleistungen und Produkte, die im Zusammenhang mit der Gesundheit eines Menschen stehen. Dazu zählen etwa rezeptfreie Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel. Bereits dadurch sind die Möglichkeiten für Ärzte also stark beschränkt.

Außerdem gilt das Heilmittelwerbegesetz (HWG), und zwar nicht nur für Ärzte, sondern für jede Person, die Heilmittel bewirbt. § 3 HWG verbietet irreführende Werbung. Diese liegt – unabhängig davon, was gesagt wird – vor, wenn nicht ersichtlich wird, dass es sich um eine „bezahlte Partnerschaft“ oder eine andere Art der Zusammenarbeit, durch die der Influencer wirtschaftliche Vorteile erlangt, handelt. Nach § 10 HWG dürfen verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht gegenüber Laien beworben werden. Schlussendlich schränkt § 11 HWG ein, welche Aussagen genau getä­tigt werden dürfen. Wenn der Influencer eine „im Gesundheitswesen tätige Person“ ist, darf er keine Empfehlungen abgeben, § 11 Abs. 1 S. 2 HWG.

Ärzte haben zu beachten, dass Werbeeinnahmen anders als Heilbehandlungen weder von der Umsatzsteuer noch von der Gewerbesteuer befreit sind. Hier besteht ein Risiko, dass gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) sämtliche Einkünfte als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren sind.

Was gilt für Videos, in denen Influencer gesundheitliche Aufklärung ohne jeden Produktbezug leisten, aber bspw. Firmenlogos vorkommen?

Auch hier sind sowohl das Berufsrecht der Ärzte als auch die allgemeinen Gesetze zu beachten. Es gilt § 33 der MBO-Ä, d.h. die „Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit“. Demnach muss, wenn Ärzte Leistungen für Arzneimittelhersteller erbringen, die dafür bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen. Es ist anerkannt, dass Ärzte bezahlte Vorträge halten dürfen, und ein solches Video ist damit vergleichbar. Es gelten aber zwei wichtige Einschränkungen:

  • Die genaue Ausgestaltung des Videos. Eine gesundheitliche Aufklärung ohne Produktbezug würde sich schwierig gestalten, zu denken wäre aber an Erläuterungen oder Aufklärung zu bestimmten Indikationen.
  • Die Vergütung darf lediglich angemessen sein. Es würde einen Widerspruch zum Werbeverbot für Ärzte darstellen, wenn die Höhe der Gegenleistung ein „Werbewert“, beispielsweise eine Zahlung von 10.000 Euro für ein fünfminütiges Video über die Wirkung von Kopfschmerztabletten wäre – selbst, ein entsprechender Mehrwert für das Pharmaunternehmen gegeben wäre. Zulässig dürften, jedenfalls bei einem geringen Zeitaufwand, lediglich Honorare im dreistelligen Bereich sein.

Zusätzlich könnten auch die bereits erläuterten Einschränkungen nach dem HWG zu beachten sein. Das hängt aber davon ab, ob das Video darauf abzielt, ein bestimmtes Produkt zu bewerben (Absatzwerbung), oder ob es sich um eine allgemeine Imagewerbung für den Pharmakonzern handelt. Bei einer Imagewerbung findet das HWG keine Anwendung. Die berufsrechtlichen Regelungen müssen aber weiter beachtet werden.

Wenn eine Pharmafirma einen Influencer dafür bezahlt, Werbung für ein Arzneimittel zu machen, die er nicht machen darf – wer wäre rechtlich dafür zu belangen?

Ist eine Werbemaßnahme rechtswidrig, können sowohl der Influencer als auch das Pharmaunternehmen einer Haftung bzw. Verantwortung ausgesetzt sein, insbesondere nach dem Heilmittelwerbegesetz, dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Für zahlreiche Pharmaunternehmen können sich Konsequenzen aus dem „FSA-Kodex“ ergeben. Der FSA ist der „Verein Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“, der sich aus 59 Arzneimittelfirmen in Deutschland zusammensetzt. Eine unzulässige Zusammenarbeit mit einem Influencer würde durch den Verein selbst sanktioniert werden.

Nach § 15 HWG stellt beispielsweise eine Werbung entgegen § 10 oder § 11 HWG eine Ordnungswidrigkeit dar und ist mit einer Geldbuße bis zu 20.000 Euro zu ahnden, solange der Verstoß mindestens fahrlässig geschah. Das wird bei einem Pharmaunternehmen immer der Fall sein, aber auch für einen Influencer wird es in der Regel fahrlässig sein, sich nicht vorher über Werbebeschränkungen für Heilmittel informiert zu haben.

Bei einer „Schleichwerbung“, die gegen § 3 HWG verstößt, droht für die beteiligten Personen sogar eine Strafbarkeit gem. § 14 HWG. Dort wäre theoretisch – was in der Praxis aber nicht geschieht – sogar eine einjährige Freiheitsstrafe möglich. Es gibt aber keine „Unternehmensstrafbarkeit“, der Pharmakonzern selbst kann sich also nicht strafbar machen. Es könnten aber einzelne Mitarbeiter verantwortlich sein. Gemäß § 30 OWiG kann auch gegen juristische Personen, also einen Pharmakonzern, eine Geldbuße festgesetzt werden.

Letztlich besteht auch das Risiko, dass sowohl das Unternehmen als auch der Influencer strafbewehrten Unterlassungserklärungen und einstweiligen Verfügungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ausgesetzt werden, falls Konkurrenten dies in die Wege leiten.