Reizdarm und Zöliakie: Wenn „glutenfrei“ nicht ausreicht

Trotz Eliminationsdiät leidet ca. jeder 2. Zöliakie-Patient und Patientin unter anhaltenden Magen-Darm-Symptomen. Welche Differenzialdiagnosen müssen berücksichtigt werden? Und welche Therapieoptionen bieten sich an?
Kein Einzelfall: Ihre Patientin oder Ihr Patient verzichtet seit Monaten auf Brot, Nudeln und andere glutenhaltige Lebensmittel – und klagt weiterhin über Bauchschmerzen oder Durchfall. Bei etwa der Hälfte der Zöliakie-Betroffenen bleiben trotz glutenfreier Diät gastrointestinale Symptome bestehen.1 Es muss aber nicht zwingend eine organische Ursache vorliegen: Funktionelle Magen - Darmstörungen wie das Reizdarmsyndrom sind bei Zöliakie-Patientinnen und Patienten doppelt so häufig wie in der Allgemeinbevölkerung.1
Genau hinschauen bei der Diagnose
Ein negativer Test auf Gewebe-Transglutaminase (tTG)-Antikörper schließt eine aktive Zöliakie nicht aus: Bei vielen Betroffenen ist trotz des Testergebnisses eine Zottenatrophie festzustellen. Erst eine Duodenalbiopsie kann eine Remission bestätigen. Die Remission kann jedoch auch Jahre unter glutenfreier Ernährung auf sich warten lassen. Eine persistierende Zottenatrophie kann auch auf Gluten-Hypersensitivität oder anhaltende Gluten-Exposition hinweisen.2
Andere Erkrankungen ausschließen
Bei unauffälligen Duodenalzotten und anhaltenden Symptomen müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Mögliche Differentialdiagnosen sind u.a.1
- mikroskopische Kolitis,
- exokrine Pankreasinsuffizienz,
- Giardiasis,
- Hyperthyreose oder
- Fruktose- und Laktoseintoleranz.
Erst nach Ausschluss dieser Erkrankungen kann die Diagnose des Reizdarmsyndroms gestellt werden.1
Auch eine Dünndarmfehlbesiedelung (SIBO) kann symptomatisch funktionellen gastrointestinalen Beschwerden ähneln. Vor allem zum Reizdarmsyndrom ist die Abgrenzung schwierig.
Vorsicht bei Eliminationsdiäten
Eine symptomatische Besserung kann mithilfe einer Low-FODMAP-Diät bei Reizdarmsyndrom und Zöliakie erreicht werden. Wie diese durchgeführt wird und welche Lebensmittel dabei gemieden werden sollten, erfahren Sie hier.
Die Einhaltung von 2 komplexen Diätformen (glutenfrei und Low-FODMAP) kann für Patientinnen und Patienten allerdings eine Herausforderung darstellen. Eine mögliche Mangelernährung muss besonders beachtet werden. Die symptomorientierte Therapie erfolgt ähnlich wie bei anderen Reizdarm-Betroffenen.
Literatur:
1. Weiß M. Wenn Bauchschmerzen und Durchfall bei Zöliakie anhalten. https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/wenn-bauchschmerz-und-durchfall-bei-zoeliakie-anhalten (25.01.23).
2. Felber J et al. Aktualisierte S2k-Leitlinie Zöliakie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Stand: 01.12.2021. AWMF online. AWMF-Registernummer: 021-021.