Funktionelle Magen-Darm-Beschwerden: Symptome und Ursachen
Funktionelle Magen-Darm-Beschwerden sind vielfältig, auch in ihrer Dauer und Häufigkeit. So gibt es Patienten, bei denen akute Beschwerden wie Magenschmerzen, Völlegefühl, Magen-Darm-Krämpfe, Blähungen, Sodbrennen und Übelkeit situativ ausgelöst werden, etwa nach einem schweren oder ungewohnten Essen, auf Reisen oder infolge vorangegangener Infektionen. Bei anderen Patienten treten solche Beschwerden häufig und immer wiederkehrend auf. In diesen Fällen kann oftmals ein Reizmagen- oder Reizdarmsyndrom festgestellt werden.
Bandbreite der Ursachen
Die Ursachen für die Symptome funktioneller Magen-Darm-Beschwerden sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt kein einheitliches Ursache-Wirkungs- Prinzip. Verschiedene funktionelle Störungen, die (allein oder zusammen) die Symptome auslösen können, werden derzeit untersucht. Überempfindlichkeit, Fehlfunktionen des Nervensystems im Darm, vorübergehende Störungen in der viszeralen Schmerzverarbeitung und Störungen auf der Hirn-Darm-Achse können zu Überempfindlichkeit gegenüber Stimuli wie Dehnung des Magens oder der Darmwand führen.1,2,3,4 Dadurch können Symptome wie frühe Sättigung, retrosternale Beschwerden und epigastrische Schmerzen ausgelöst werden.
Hyper- oder Hypomotilität
Motilitätsstörungen des Magen-Darm-Trakts können regionenspezifisch sein, den Stuhl- und Nahrungsmitteltransport beeinträchtigen, die Volumenadaptation stören und sich als frühe Sättigung, Übelkeit und Erbrechen manifestieren.3,5,6
Entzündung
Niedriggradige Entzündungszustände können die Eigenschaften der Magen- Darm-Schleimhaut verändern. Morphologische und funktionelle Änderungen der Darmpermeabilität führen sowohl bei RMS als auch bei RDS zu verschiedenen Symptomen.3,7,8,9,10
Veränderungen in der Darmflora/im Mikrobiom
Bei einer Teilgruppe der RDS-Patienten konnten Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms nachgewiesen werden, jedoch sind die Daten häufig widersprüchlich und bisher wurde keine mikrobiologische Signatur gefunden.10,11 Die Evidenz für den Einfluss von Mikrobiota auf Bauchschmerzen beim RMS ist widersprüchlich. Eine beträchtliche Menge experimenteller Daten und einige klinische Ergebnisse bringen die Pathogenese funktioneller Magen-Darm-Beschwerden auch mit einer beeinträchtigten Integrität der Epithelbarriere, abnormaler endokriner Signalübertragung und Aktivierung des Immunsystems in Verbindung.12
Auswirkungen der Symptome
Funktionelle Magen-Darm-Beschwerden sind oft chronisch. Die Persistenz der Symptome kann eine starke psychische Belastung sein und ist mit dauerhaften und erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität verbunden. Möglicherweise ist auch die Arbeitsfähigkeit eingeschränkt, was sogar zu einer Frühverrentung führen kann.13,14
Dominierende Pathomechanismen erkennen
Häufigkeit und Dauer funktioneller Magen-Darm-Beschwerden können einen Hinweis auf vermehrt beteiligte Pathomechanismen im Gastrointestinaltrakt geben. Bei akuten und gelegentlich auftretenden Beschwerden stehen meist andere Störungen des Verdauungsapparates im Vordergrund als bei häufig wiederkehrenden. So liegen einer akuten und eher situativ auftretenden Symptomatik oftmals Dysmotilitäten der Magen-Darm-Muskulatur zugrunde, während bei häufiger auftretenden und länger anhaltenden Beschwerden Mikroinflammationen und Hypersensitivität als ursächliche Faktoren dominieren.
Quellen
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3 Enck, P., F. Azpiroz, G. Boeckxstaens, S. Elsenbruch, C. Feinle-Bisset, G. Holtmann, J. M. Lackner, J. Ronkainen, M. Schemann, A. Stengel, J. Tack, S. Zipfel and N. J. Talley “Functional dyspepsia.” Nat Rev Dis Primers, 2017. 3: 17081.
4 Holtmann, G., A. Shah and M. Morrison “Pathophysiology of Functional Gastrointestinal Disorders: A Holistic Overview.” Dig Dis, 2017. 35 (Suppl 1): 5–13.
5 Tack, J., H. Piessevaux, B. Coulie, P. Caenepeel and J. Janssens “Role of impaired gastric accommodation to a meal in functional dyspepsia.” Gastroenterology, 1998. 115(6): 1346–1352.
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9 Futagami, S., T. Itoh and C. Sakamoto “Systematic review with meta-analysis: post-infectious functional dyspepsia.” Aliment Pharmacol Ther, 2015. 41(2): 177–188.
10 Enck, P., Q. Aziz, G. Barbara, A. D. Farmer, S. Fukudo, E. A. Mayer, B. Niesler, E. M. Quigley, M. Rajilic-Stojanovic, M. Schemann, J. Schwille-Kiuntke, M. Simren, S. Zipfel and R. C. Spiller “Irritable bowel syndrome.” Nat Rev Dis Primers, 2016. 2: 16014.
11 Collins, S. M. “The Intestinal Microbiota in the Irritable Bowel Syndrome.” Int Rev Neurobiol, 2016. 131: 247–261.
12 Barbara, G., C. Feinle-Bisset, U. C. Ghoshal, E. M. Quigley, J. Santos, S. Vanner, N. Vergnolle and E. G. Zoetendal “The Intestinal Microenvironment and Functional Gastrointestinal Disorders.” Gastroenterology, 2016. 150(6): 1305–1318.
13 Csef, H. “Funktionelle (somatoforme) Störungen beim internistischen Hausbesuch.” Internist, 2001. 42: 1476.
14 Houghton, L. A., M. Heitkemper, M. Crowell, A. Emmanuel, A. Halpert, J. A. McRoberts and B. Toner “Age, Gender and Women's Health and the Patient.” Gastroenterology, 2016. 150(6): 1332–1343.e1334.