Ärzte verschreiben Antibiotika in vier von zehn Fällen grundlos
Bei kaum einem Krankheitsbild werden Antibiotika häufiger verschrieben als bei akuten respiratorischen Infektionen (ARI) – obwohl die Auslöser der Beschwerden in der Regel Viren sind. Dieser unsachgemäße Einsatz helfe nicht weiter und trage maßgeblich zur Entstehung und Verbreitung von multiresistenten Organismen bei, beklagt ein Autorenteam um Dr. Fiona P. Havers von den amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention.
Um besser zu verstehen, wie die Medikamente im ambulanten Bereich verwendet werden, haben die Wissenschaftler bei fast 15 000 ARI-Patienten untersucht, mit welcher ICD-Klassifikation, Erkrankungsdauer sowie nachgewiesenen A-Streptokokken- und Influenzainfektionen die Verschreibungen verbunden waren. Sie fanden, dass während der Grippesaison der fälschliche Einsatz von Antibiotika bei diesen Patienten weit verbreitet ist. 41 % der Antibiosen seien dann nicht indiziert, schreiben die Wissenschaftler.
29 % der Influenzapatienten bekamen ein Antibiotikum
Gerade Patienten ab 50 Jahre bekommen die Medikamente demnach oft unnötig verordnet. Bei einer Pharyngitis sind Antibiotika zum Beispiel nur im Rahmen einer nachgewiesenen Streptokokken-A-Infektion berechtigt. Den Ergebnissen der amerikanischen Infektiologen zufolge fehlte der positive Erregernachweis aber in 41 % der Fälle. Ein ähnliches Bild bei den Sinusitispatienten: 38 % von ihnen hatten höchstens seit drei Tagen Symptome, zudem ohne Fieber. Antibiotika bekamen sie dennoch.
Auch 29 % der Influenzakranken bekamen ein Antibiotikum. Im Fall einer bakteriellen Sekundärinfektion, schreiben die Autoren, sei das durchaus berechtigt.
Nur selten gab es bakterielle Sekundärinfektionen
Anhaltspunkte dafür gab es jedoch nur selten. Gerade während der Grippesaison sei bei der Verschreibung von Antibiotika mehr Zurückhaltung angebracht, appellieren die Wissenschaftler. Ein Influenzatest und antivirale Medikamente könnten dann die bessere Wahl sein.
Quelle: Havers FP et al. JAMA Network Open 2018; 2: e180243