Allergieprävention von Anfang an - Was Geburtsmodus, Schnuller, Beikost und Haustiere bewirken
Ob ein Kind an Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis erkrankt, hängt hauptsächlich mit seiner genetischen Disposition zusammen. Kinder unter zwei Jahren mit einem Atopiker-Elternteil haben ein Risiko von 20,6 %, selbst an einer Allergie zu erkranken. Sind beide Elternteile betroffen, steigt es sogar auf 32 %. Die meisten Allergie-Kinder kommen jedoch aus Nichtatopiker-Familien, erklärte Professor Dr. Torsten Schäfer, niedergelassener Dermatologe aus Immenstadt im Allgäu.
Stillen schützt offenbar nicht
Was man nach aktuellem Wissensstand tun kann, um die Manifestation einer Allergie möglichst zu verhindern, findet man in der aktuellen S3-Leitline der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.
So sollten z.B. Mütter ihren Säugling in den ersten vier Lebensmonaten voll stillen. Falls das nicht möglich ist, sollten Risikokinder eine hypoallergene Nahrung erhalten. In aktuellen Studien konnte der antiallergische Vorteil des Stillens allerdings nicht nachgewiesen werden, berichtete Prof. Schäfer. Stillen Mütter, die selbst eine Atopie aufweisen, länger als vier Monate, erhöht sich unter Umständen sogar das Allergierisiko beim Kind.
Prof. Schäfer empfiehlt allen werdenden Müttern, bereits während der Schwangerschaft auf eine ausgewogene Ernährung zu achten und Übergewicht zu vermeiden. Auch bei der Einführung von Beikost ab dem 5. Lebensmonat des Säuglings komme es auf die Vielfalt an – je größer diese ist, desto besser.
Neben Obst und Gemüse sollte in Anlehnung an die mediterrane Küche öfter mal Fisch auf dem Speiseplan stehen, riet der Kollege. Auch das zeitige Füttern von Eiern, Nüssen, Sesam und Weizenprodukten scheint das Allergierisiko zu senken. Lange wurde das genaue Gegenteil vermutet und deshalb sehr restriktiv mit diesen Produkten umgegangen. Inzwischen belegen Studien, dass Kinder von diesen Nahrungsmitteln profitieren, wenn sie sie bereits ab der Beikosteinführung zu sich nehmen. Vom Halten einer Katze wird im Fall einer familiären Prädisposition eindeutig abgeraten. Lebt ein Hund mit im Haushalt, scheint sich das dagegen vor allem auf das Neurodermitisrisiko positiv auszuwirken. Bei zwei Hunden nimmt dieser Effekt sogar noch zu.
Bei Prädisposition Tiere halten, aber keine Katzen
Wer auf einem Bauernhof aufwächst, stimuliert bereits vom ersten Tag an sein Immunsystem und leidet dadurch deutlich seltener an Atopien. Prof. Schäfer: Je größer die Tiervielfalt, desto besser.
Auch der frühe Kontakt mit Keimen durch andere Kinder (Kindertagesstätte, ältere Geschwister) oder Spielen im Dreck härtet nicht nur ab, sondern senkt auch nachweislich das Allergierisiko. Und noch etwas scheint präventiv zu wirken: Das von Zahnmedizinern völlig verpönte „Schnullerablecken“ durch einen Elternteil senkt nachweislich das Ekzem- und Asthmarisiko.
Interessante Ergebnisse lieferte eine Studie, die neben dem Schnullerablecken den Entbindungsmodus ins Spiel brachte: Die Kombination aus Schnullerablecken und vaginaler Entbindung reduzierte die Häufigkeit späterer Allergien deutlich. Dagegen schnitten Kaiserschnitt-Kinder, deren Schnuller nicht bei einem Elternteil im Mund landete, am schlechtesten von allen ab. Sie wiesen das höchste Risiko für eine spätere Asthmaerkrankung auf.
Als weitere relevante Atopiefaktoren gelten ein feuchtes Innenraumklima (Achtung, Schimmelpilze!), Aktiv- bzw. Passivrauchen und Luftschadstoffe. Dagegen scheinen weder Maßnahmen gegen Hausstaubmilben wie spezielle Matratzenüberzüge noch das Impfen die Entstehung einer Allergie zu beeinflussen. Deshalb empfehlen die Autoren der aktuellen S3-Leitlinie ausdrücklich, auch Risikokinder gemäß der STIKO-Empfehlungen zu immunisieren.
Quelle: 58. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin