Anpassungsreaktionen bei langjährigen Athleten richtig einordnen
Besondere Relevanz haben Patienten aus den Mixed- und Endurance-Disziplinen, erklärte der Sportkardiologe Dr. Pascal Bauer vom Universitätsklinikum Gießen. Denn vor allem bei Leistungssport mit einer ausgeprägten Ausdauerkomponente kommt es zum kardialen Remodeling. Als Leistungssportler gilt,
- wer täglich intensiv trainiert,
- regelmäßig an mindestens überregionalen Wettkämpfen teilnimmt
- und aktives Mitglied in einem Verein oder Verband ist.
Dabei sollte man zwischen Weltklasse- bzw. Olympiasportler, nationalem Elitesportler und Beginner mit kürzerer Trainings- und Wettkampfhistorie unterscheiden.
Schmerzen werden von Profis kaum wahrgenommen
(Berufs-)Athleten sind in der Regel sehr fokussiert auf Leistung und Erfolg. Sie trainieren im hochintensiven Bereich, Schmerzen während des Trainings sind für sie normal und werden kaum wahrgenommen. Daher ist das erste und oft einzige Symptom ein Leistungsrückgang.
Und nicht immer treibt die Vernunft den Sportler an, warnte der Kardiologe. Denn ist es der Beruf, besteht immer auch ein finanzielles sowie ein öffentliches Interesse. So kommt es vor, dass jemand einen Wettkampf oder ein wichtiges Spiel trotz eindeutiger Krankheitszeichen wie Fieber antritt. Die Folgen können drastisch sein: Vor allem bei älteren männlichen Athleten steigt dann das Risiko für einen plötzlichen Herztod deutlich (s. Kasten).
Plötzlicher Herztod in Zahlen
Auffälliges EKG ist die Regel und nicht die Ausnahme
EKG-Veränderungen finden sich bei 86 % aller Athleten. 73 % kann man als normale Anpassungen an den Sport ansehen, 13 % sind als krankhaft einzustufen. Da es oft – und insbesondere bei Jugendlichen – schwerfällt, normal von nicht normal zu unterscheiden, wurde 2017 eine Orientierungshilfe veröffentlicht: Die (überarbeiteten) Seattle-Kriterien bieten ein Ampelsystem, das die Unterscheidung zwischen sportbedingten, weiter abklärungsbedürftigen und pathologischen Veränderungen vereinfacht (s. Tabelle).Kardiovaskuläre Anpassungen im EKG von Ausdauersportlern nach den Seattle-Kriterien | ||
---|---|---|
Normalbefunde | Grenzwertige Befunde | Abnormale Befunde |
|
|
|
Treffen mindestens zwei dieser grenzwertigen Kriterien zu, ist eine Abklärung erforderlich. |
Quelle: 1. Mont L et al. Eur J Prev Cardiol 2017; 24: 41-69; DOI: 10.1177/2047487316676042