Krebs Assoziation zwischen Lebensjahren und Mutationsspektren von Tumoren analysiert
Ein Grund für die Zunahme von Tumorerkrankungen im Alter sind vermehrte DNA-Schäden und Mutationen, erinnerte Dr. Kasit Chatsirisupachai, EMBL Heidelberg.1 Neben Umweltfaktoren tragen seneszente Zellen, die sich mit steigendem Alter im Gewebe anhäufen und inflammatorische Zytokine sezernieren, zur Krebsentstehung und -progression bei. Eine weitere Rolle spielt das hormonelle System.
Treiberalterationen zeigen altersabhängige Muster
Dr. Chatsirisupachai und sein Team stellten die Hypothese auf, dass Veränderungen in der Gewebsumgebung während des Alterungsprozesses zu einem unterschiedlichen Selektionsdruck führt und das wiederum verschiedene molekulare Tumoreigenschaften je nach Alter bedingt. Für ihre Analyse nutzten die Forschenden Daten des TCGA*. Sie fanden heraus, dass somatische Copy-Number Alterationen (SCNAs) und Mutationslast mit den Lebensjahren bei verschiedenen Krebsarten zunehmen und Treibermutationen altersabhängige Muster zeigen. Eine positive Assoziation mit dem Alter fand sich etwa für low-grade-Gliome, Ovarial- und Endometriumkarzinom.
Die Forschenden suchten nach einem spezifischen mit dem Alter assoziierten Muster. Sie detektierten mit zunehmenden Lebensjahren einen copy number gain in Chromosom 7 bei Glioblastomen und low-grade-Gliomen und einen copy number loss in Chromosom 10. Die Forschenden fanden zudem 81 bekannte Treibergene, die auf den altersabhängigen SCNA-Regionen lokalisiert waren.
SCNA unterscheiden sich
Das Team um Dr. Chatsirisupachai entdeckte, dass 31 Mutationen von 12 Krebsarten altersabhängig waren. So kamen IDH1-, ATRX- und TP53-Veränderungen z.B. häufiger bei jüngeren Personen mit Glioblastom und low-grade Gliomen vor. Diese Patient:innen besaßen auch geringere SCNA und sie lebten länger. Auf der anderen Seite waren der IDH-Wildtyp, vermehrte SCNA – ein Chromosom-7-Gewinn und ein Chromosom-10-Verlust – sowie CDKN2a-Deletionen häufiger bei Älteren anzutreffen und gingen mit einer schlechteren Prognose einher.
Wie zu erwarten gab es in den meisten Krebsarten einen Anstieg somatischer Punktmutationen in Abhängigkeit vom Alter. Eine Ausnahme bildete Endometriumtumoren. Hier hatten jüngere Frauen eine höhere somatische Mutationslast als ältere, da sie häufiger eine Mikrosatelliteninstabilität und Mutationen in POLE/POLD1 aufwiesen. Zusammengefasst trugen jüngere Frauen mit Endometriumkarzinom eine Hypermutation, sie hatten weniger SCNA und eine bessere Prognose. Ältere Betroffene wiesen eine niedrigere Mutationslast sowie vermehrt SCNAs auf und hatten eine schlechtere Prognose.
Auffallend in pädiatrischen Krebsarten sei die geringe Mutationslast von nur 10–30 Alterationen pro Tumor, sagte Dr. Jacques Grill, Institut Gustave Roussy, Villejuif, die auch im Rezidiv nicht wesentlich steige.2 Das Spektrum sei unterschiedlich und sehr spezifisch. Der Referent erläuterte dies am Beispiel des diffusen intrinsischen pontinen Glioms (DIFG). Hier fände man zwei bestimmte Veränderungen, die zuvor als Treiber gar nicht bekannt waren: Gewisse Histonmutationen, die in fast allen DIPG-Tumoren vorliegen, sowie ACVR1-Alterationen.
Viele Krebsarten, die im Kindesalter auftreten, weisen eine einzige Treiberalteration auf – die Mehrzahl der low-grade-Gliome, z.B. eine Translokation von BRAF. Ein kleinerer Anteil hat andere Mutationen oder Fusionen in weiteren Genen. Alle Veränderungen schließen sich gegenseitig aus, haben jedoch gemeinsam, dass sie den MAP-Kinase-Signalweg über eine MEK-Aktivierung anschalten, erklärte Dr. Grill. Deshalb befinden sich MEK-Inhibitoren hier in der klinischen Entwicklung. Viele Mutationen seien aber nur schwer adressierbar, wenn sie auf Gene abzielen, die für die menschliche Entwicklung wichtig sind.
* The Cancer Genome Atlas
** Sonic Hedgehoc
Quellen:
1. Chatsirisupachai K. MAP Oncology Congress 2022; „Molecular characteristics of cancer in elderly patients“
2. Grill J. MAP Oncology Congress 2022; „Molecular characteristics of childhood cancer / cancers in obese patients“