Zöliakie Auch erhöhte Leberwerte können ein Hinweis auf die Erkrankung sein
Eine Zöliakie präsentiert sich oft als oligosymptomatische oder subklinische Erkrankung. Sie kann eine Vielzahl von Beschwerden verursachen, die nicht nur auf den Gastrointestinaltrakt beschränkt sind. Zu den klassischen Symptomen gehören Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Durchfall, Bauchschmerzen, Eisenmangel und Osteoporose. Auch neuropsychiatrische Störungen, Kardiomyopathie, Infertilität und erhöhte Leberwerte können auf eine Zöliakie hinweisen.
Bis zu 60 % der Zöliakiepatienten haben erhöhte Leberwerte, berichtete Dr. Jörg Felber vom Klinikum Rosenheim. Wenn man bei einem Patienten keine Erklärung für erhöhte Leberwerte finde, solle man ihn auf Zöliakie testen. In 10 % der Fälle hat man dann die Ursache gefunden. Typische gastrointestinale Beschwerden lassen auch an ein Reizdarmsyndrom denken. „Ein Reizdarm ist kein Reizdarm, solange eine Zöliakie nicht ausgeschlossen ist“, betonte Prof. Felber.
Testen sollte man Patienten mit einem erhöhten Zöliakierisiko. Dazu gehören Menschen, die an Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes leiden oder Verwandte ersten bzw. zweiten Grades haben, bei denen eine Zöliakie besteht. Empfehlenswert ist ein Test auch bei Menschen mit Down- oder Turner-Syndrom.
Eine Zöliakie lässt sich serologisch und histopathologisch nur dann diagnostizieren, wenn der Patient über die Nahrung regelmäßig und ausreichend Gluten zuführt. Bei Menschen, die sich glutenfrei ernähren, sind falsch negative Befunde zu erwarten. Besteht ein klinischer Verdacht, bestimmt man – unabhängig vom Alter – zunächst ausschließlich die IgA-Antikörper gegen Gewebstransglutaminase (tTG) und das Gesamt-IgA. Eine spezielle Testung auf Endomysium-Antikörper (EMA) führt je nach Labor zu sehr variablen Ergebnissen, sie ist deshalb nicht erste Wahl, betonte Dr. Felber.
Bei positivem Autoantikörpertest sollte sich eine Gastroduodenoskopie inklusive Biopsie anschließen. Auf diese Weise lassen sich nicht nur die Diagnose bestätigen und vor Therapiestart ein Ausgangsbefund erheben. Die Biopsie ist darüber hinaus wichtig, um andere schwerwiegende Erkrankungen nicht zu übersehen. Patienten mit Zöliakie haben z.B. ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten von lymphoproliferativen und soliden Tumoren vor allem im Gastrointestinaltrakt. Eine Diagnose ohne Histologie ist bei Erwachsenen eher die Ausnahme. Die Biopsie ist jedoch verzichtbar, wenn das tTG-IgA auf mehr als das Zehnfache des oberen Grenzwerts erhöht ist, in einer zweiten Blutprobe EMA gefunden werden oder eine Biopsie kontraindiziert ist.
Therapie der Wahl ist bei Zöliakie nach wie vor eine glutenfreie Diät. Indiziert ist sie auf jeden Fall bei Symptomen. Auch asymptomatische Patienten sollten nach Abwägung von Vor- und Nachteilen diese Ernährungsform einhalten. Es gibt Menschen, die jahrelang mit einer unerkannten Zöliakie gelebt und ihren Zustand als normal betrachtet haben. Erst wenn sie anfangen, sich glutenfrei zu ernähren, merken sie plötzlich, dass es ihnen besser geht, berichtete Dr. Felber.
Die Leitlinie empfiehlt, die tTG-Antikörper nach sechs Monaten nochmals zu bestimmen und danach alle 1–2 Jahre. Sofern sich ein Patient konsequent glutenfrei ernährt, sinken die Antikörpertiter. Alternativ kann man immunogene Glutenpeptide im Urin oder Stuhl bestimmen. Bei einem negativen Ergebnis ist davon auszugehen, dass der Patient sich glutenfrei ernährt und die Schleimhaut sich deshalb erholt hat.
Einige neue therapeutische Ansätze befinden sich in der Entwicklung. Dazu gehören Endopeptidasen, die Gluten im Darmlumen spalten und somit dessen immunogene Wirkung aufheben. Andere Ansätze zielen darauf ab, die Mukosabarriere abzudichten. Transglutaminase-2-Hemmer verhindern den Abbau von Gluten zu antigenen Zwischenprodukten. Schließlich gibt es verschiedene Ansätze zur Toleranzinduktion, auch der Einsatz von IL-15-Antikörpern wird untersucht.
Kongressbericht: 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin