Glutenunverträglichkeit Bei wem lohnt die Diagnostik?
Die klassische Zöliakie, die mit chronischen Durchfällen, Malabsorption und villöser Atrophie einhergeht, betrifft etwa 10–20 % der Patienten. Meist wird sie bereits im Kindesalter diagnostiziert. Viel häufiger jedoch leiden Zöliakie-Betroffene unter unspezifischen gastrointestinalen Beschwerden, häufig in Kombination mit diffusen extraintestinalen Symptomen, erklärte PD Dr. Helga Török, LMU Klinikum, München.
Erschöpfung und Arthralgien als mögliche Hinweise
Beispiele für zöliakieassoziierte Magen-Darm-Beschwerden sind Diarrhö, Blähungen, Verstopfung, Magenschmerzen und Übelkeit. Die Liste der extraintestinalen Beschwerden ist ungleich länger. Möglich sind u.a.:
- chronische Erschöpfung
- Gewichtsverlust
- Kleinwuchs
- Muskelschwäche
- Arthralgien
- Kopfschmerzen
Zudem gibt es zahlreiche Erkrankungen und Laborbefunde, die mit einer Zöliakie assoziiert sein können, wie:
- Osteoporose, Zahnschmelzdefekte
- kardiologische Erkrankungen (z.B. Myokarditis)
- rheumatologische Beschwerden
- dermatologische Erkrankungen (z.B. Psoriasis, Alopezia areata, Vitiligo)
- neurologische/psychiatrische Symptome und Erkrankungen (z.B. Depression, Migräne)
Auch ein Mangel an Vitaminen, Spurenelementen und/oder Proteinen kann auf eine zugrunde liegende Zöliakie hindeuten. Bei dieser Vielzahl von Beschwerden, die eine Abklärung rechtfertigen, stellt sich laut Dr. Török die Frage, ob es nicht früher oder später gar ein Zöliakie-Screening geben wird. Damit ließen sich vor allem die Patienten identifizieren, bei denen die Erkrankung besteht, die aber keine Beschwerden bemerken. Eine gezielte Diagnostik bei asymptomatischen Personen ist aus ihrer Sicht zu empfehlen bei
- erst- oder zweitgradigen Verwandten von Patienten mit gesicherter Zöliakie,
- Menschen mit genetischen Syndromen (z.B. Down-, Turner- oder Williams-Beuren-Syndrom),
- Personen mit Autoimmunerkrankungen (z.B. Typ-1-Diabetes, Autoimmunhepatitis, Autoimmunthyreoiditis, Addison-Syndrom, Kollagenosen, rheumatoide Arthritis).
Auch wenn die Betroffenen nicht unter Beschwerden leiden, sollte eine bestehende Zöliakie diagnostiziert und behandelt werden, so die Ärztin. Die bislang einzige Therapie, das Einhalten einer strikt glutenfreien Diät, sorgt auch bei bislang asymptomatischen Patienten zu einer besseren allgemeinen Prognose. Bei Menschen mit gesicherter Zöliakie vermindert eine glutenfreie Ernährung das kardiovaskuläre Risiko, reduziert das Lymphomrisiko, reduziert die Wahrscheinlichkeit für Osteoporose, führt eher zum Erreichen des idealen Körpergewichts und senkt die Gefahr von Unfruchtbarkeit und Schwangerschaftskomplikationen.
Quelle: 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin