Vom Tic bis zur Tuberkulose Bei chronisch hustenden Kindern mit überlegtem Vorgehen zur richtigen Diagnose

Autor: Dr. Susanne Meinrenken

Leidet ein Kind unter Dauerhusten, müssen Ärztin oder Arzt genauer hinsehen. Leidet ein Kind unter Dauerhusten, müssen Ärztin oder Arzt genauer hinsehen. © agusyonok - stock.adobe.com

Ein über Wochen anhaltender Husten erfordert die präzise ärztliche Abklärung. Welche Alarmzeichen muss man kennen? Und wann sollte man an eine Fachpraxis überweisen?

Hustet ein Kind länger als vier Wochen, handelt es sich um einen chronischen Husten, der einer eingehenderen Diagnostik bedarf. Zunächst ist zu klären: Handelt es sich um einen trockenen oder eher um einen feuchten, produktiven Husten? Am besten macht das Kind den Husten einmal vor oder man verschafft sich per Videoaufnahme einen Eindruck davon, empfiehlt PD Dr. Thomas Nüßlein vom Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein in Koblenz. 

Grundsätzlich sind bei jedem chronisch hustenden Kind neben der Auskultation eine Sonografie und die Röntgenaufnahme des Thorax sowie, falls möglich, eine Lungenfunktionsuntersuchung angezeigt. In der erweiterten Anamnese ist nach vermeidbaren potenziellen Auslösern wie Tabakrauch zu fragen. Im Gespräch sollte man die Sorgen der Kinder und Eltern adäquat berücksichtigen.

Indexfälle als Hinweise auf Tuberkulose oder Pertussis

Eine spezielle Diagnostik ist einzuleiten, wenn Alarmzeichen für spezifische Ursachen vorliegen. Nicht übersehen werden darf z. B. Husten oder Würgen im Zusammenhang mit dem Essen oder nach Verschlucken, was auf rezidivierende Aspirationen bzw. eine Fremdkörperaspiration hinweist. Eine Gedeihstörung mit oder ohne Zeichen einer Hypoxie mit inspiratorischen Nebengeräuschen kann auf eine interstitielle Lungenerkrankung deuten, ein auskultatorisch umschriebenes abgeschwächtes Atemgeräusch auf eine chronische Atelektase. Gewichtsverlust, Lokalbefunde und Lymphadenopathie sollten an Tuberkulose denken lassen, insbesondere bei Vorliegen eines Indexfalls. Auch in Bezug auf Pertussis kann ein Indexfall zusammen mit trockenen Hustenanfällen beim ungeimpften Kind zur Diagnose führen. Fieber und ein Lokalbefund sind Hinweise für einen Lungenabszess. Diese chronischen Infektionen sind entsprechend zu behandeln. Es kann auch ein postinfektiöser Husten zugrunde liegen.

Auf Asthma als häufige Ursache eines trockenen Hustens weist diagnostisch neben Giemen das Ansprechen auf Beta-2-Mimetika hin. Hustet das Kind ausgeprägt und trocken, lässt sich aber ablenken und schläft nachts gut, kommt ein Tic oder ein somatisches Hustensyndrom infrage. Ohne besondere Zeichen kann man bei trockenem Husten ggf. abwarten und nach zwei bis vier Wochen erneut kontrollieren.

Feuchter Husten ist bei Kindern zwar seltener, geht aber häufiger mit seltenen Erkrankungen einher. Liegen dabei keine besonderen anderen Befunde vor, steckt oft eine protrahierte bakterielle Bronchitis dahinter, die antibiotisch therapiert und nach 14 Tagen kontrolliert werden sollte. Möglicherweise muss die Therapie dann noch um zwei Wochen verlängert werden. Tritt dennoch keine Besserung auf oder weist das Kind bereits die vierte Episode dieser Art innerhalb eines Jahres auf, wird die Überweisung an ein pneumologisches Zentrum empfohlen. Es können u. a. eine zystische Fibrose, ein Immundefekt, Bronchiektasen, eine angeborene Lungenfehlbildung oder ein noch nicht erkannter aspirierter Fremdkörper zugrunde liegen. Auch wenn ein trockener Husten über sechs Monate anhält, sind weitere Fachärztinnen und -ärzte gefragt, um auch seltene, potenziell bedrohliche Erkrankungen erkennen zu können.

Quelle: Nüßlein T. Pädiatrie 2024; 36: 35-37