Bei der ADHS-Therapie mangelt es an klaren Dosisempfehlungen
Zwischen Dosis und Symptombesserung besteht beim Methylphenidat eine fast lineare Beziehung. Leider gilt dasselbe für Nebenwirkungen wie Appetitreduktion und Schlaflosigkeit. Was die Sache zusätzlich verkompliziert: Patienten sprechen unterschiedlich auf das Medikament an. Aus diesem Grund raten die Leitlinien, sich an die ideale Dosis heranzutitrieren.
Manche Ärzte schrecken aber vielleicht von möglicherweise nötigen hohen Dosen zurück, glaubt das Team um Cellina Ching von der australischen Western Sydney University.1 Denn die bisherigen Definitionen, ab wann das Medikament mehr schadet als nutzt, sind in der Regel – auch von den Leitlinien – nur angenommene Werte.
In 11 randomisierten und 38 Kohortenstudien mit Patienten unter 18 Jahren haben sie deshalb nach besseren Anhaltspunkten gefahndet. So richtig fündig wurden die Forscher nicht. „Im Rahmen unserer Metaanalyse sind wir auf die unterschiedlichsten empfohlenen Maximaldosen (20–90 mg/Tag) gestoßen, ohne dass diese durch entsprechende wissenschaftliche Evidenz gerechtfertigt wurden“, fassen sie zusammen.
Davon sollten sich ihrer Meinung nach aber die Kollegen nicht verunsichern lassen. Denn fest steht auch: Berichte von lebensgefährlichen Nebenwirkungen fanden sie ebenfalls nicht. Im Vergleich zur fixen Gabe könnte die langsame Dosissteigerung allerdings mit einem erhöhten Risiko für leichte Nebenwirkungen verbunden sein. Dazu zählten Schlaflosigkeit, Anorexie und abdominelle Schmerzen. Kopfschmerzen waren dagegen seltener.
Wöchentliche Reevaluation im Klinikalltag kaum möglich
Fünf transiente Psychosen und sieben Bluthochdruckfälle nach Medikamentengabe tauchten in den Studien ebenfalls auf – allerdings bei insgesamt 6828 Probanden. Die Frage „Wie viel Methylphenidat ist zu viel?“ lässt sich mit derzeitigen Daten nicht beantworten, meint Dr. Douglas Russell von der Abteilung für Psychiatrie der University of Washington in Seattle im begleitenden Editorial.2 Damit bleibe das allgemein beste Vorgehen die Titration samt engmaschiger (z.B. wöchentlicher) Kontrollen. Allerdings bezweifelt der Kollege gleichzeitig, dass die Umsetzung im klinischen Setting angesichts des damit verbundenen Aufwands möglich ist.
1. Ching C et al. JAMA Pediatr 2019; online first
2. Russell D et al . JAMA Pediatr 2019; online first