Nervenblockade vs. Migräne Das Ganglion sphenopalatinum ist über die Nase leicht erreichbar
Bei der Behandlung der Migräne ist noch viel Luft nach oben: Über 90% der Betroffenen brauchen mindestens einmal im Monat eine Akutmedikation, knapp die Hälfte hat noch nie eine Prophylaxe erhalten und von den prophylaktisch Behandelten ist jeder Dritte unzufrieden. Der Bedarf an neuen effektiven Behandlungsmethoden sei daher hoch, schreiben Autoren um Prof. Dr. Michael Heesen vom Zentrum für Schmerzmedizin am Spital Affoltern in der Schweiz.
Eine Blockade des Ganglion sphenopalatinum bietet sich als mögliche Behandlungsform an. Der Nervenknoten liegt hinter der mittleren Nasenmuschel in der Fossa pterygopalatina und ist nur mit einer wenige Millimeter dicken Schicht von Bindegewebe und Schleimhaut überzogen. Er enthält u.a. Fasern aus parasympathischen Ästen des N. trigeminus, die auch für die Innervation der zerebralen und meningealen Blutgefäße verantwortlich sind.
Für die Blockade habe sich verschiedene Zugangswege etabliert:
- Transnasal mit einem Lidocain-getränkten Wattestab: Das Lokalanästhetikum wird unter die mittlere Nasenmuschel appliziert, was Patientinnen und Patienten auch schnell und einfach selbst durchführen können. Die Selbstanwendung erfordert allerdings erfahrungsgemäß einige Überwindung, zudem ist die Applikation unpräzise.
- Transnasal mit Tx360: In sitzender Position wird über ein Führungssystem ein dünner Plastikkatheter durch den unteren Nasengang vorgeschoben und ein Lokalanästhetikum an die Schleimhaut der Fossa pterygopalatina gesprüht. Diese relativ teure Methode ist ebenfalls schnell und einfach anwendbar, aber die Applikation ist auch hier unpräzise.
- Transnasal mit SphenoCath. Ein Plastikkatheter wird in liegender Position mit überstrecktem Kopf unter Röntgenkontrolle bis oberhalb der Fossa vorgeschoben. Mit dieser Methode sind auch höhere Medikamentendosen möglich; die Applikation ist präziser. Nachteile des Verfahrens sind die relativ hohen Kosten sowie die Strahlenbelastung.
- Transkutan infrazygomatisch transcoronoidal bzw. transfaszial transpterygomaxillär: Dieses invasive und teure Verfahren bietet die präziseste Applikation, da unter CT-Kontrolle direkt in die Fossa injiziert werden kann. Man braucht aber eine zusätzliche Lokalanästhesie bzw. Sedierung, die kumulative Strahlenbelastung ist relativ hoch. Außerdem besteht ein Blutungsrisiko.
- Transoral: Relativ einfach durchzuführendes invasives Verfahren, das wegen der variablen Anatomie unpräzise ist. Es besteht ein hohes Risiko für Nerven- und Gefäßverletzungen, Blutungen und Infektionen.
Die Studienlage zur Blockade des Ganglion sphenopalatinum ist noch relativ schwach, monieren Prof. Heesen und Kollegen. Es gibt nur eine methodisch hochwertige kontrollierte Studie und mehrere kleine Beobachtungsstudien, in denen eine Verminderung der Schmerzstärke und eine Reduktion der Kopfschmerztage gezeigt werden konnte. Die – vor allem über den intranasalen Zugang – leicht anzuwendende Methode erscheine aber vielversprechend und solle in weiteren Studien untersucht werden, so die Autoren. Diese sollten auf therapieresistente Betroffene fokussieren, bei denen auch CGRP-Rezeptorantagonisten nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben.
Quelle: Heesen M et al. Schmerzmedizin 2024; 40: 28-32; DOI: 10.1007/s00940-024-4698-3