Kalk in der Aortenklappe Das optimale Vorgehen bei Stenosen
Bei einer verkalkten Aortenstenose (AS) kommt es zur Einlagerung von Lipiden mit nachfolgender valvulärer Fibrose und Kalzifikation des Gewebes. Unterschieden werden zwei Auslöser, die kongenitale bikuspide Valvula und degenerative Veränderungen. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen Alter ab 65 Jahren, männliches Geschlecht und Hypertonie. Auch Menschen mit Diabetes, KHK und erhöhtem Lipoprotein(a)-Spiegel erkranken vermehrt, ebenso Raucher und Niereninsuffiziente, so das Autorenteam um Dr. Catherine Otto von der University of Washington School of Medicine in Seattle.
Die Diagnose ist oft schwierig zu stellen, besonders, wenn die Patientinnen und Patienten keine Beschwerden haben. Dann können z. B. charakteristische Herzgeräusche Verdacht wecken. Symptome der stark ausgeprägten Verengung sind Belastungsintoleranz und stressbedingte Dyspnoe sowie Synkopen. Betroffene haben ohne Klappenersatz eine Ein-Jahres-Mortalität von bis zu 50 %.
Variierende Progression mittels Echokardiografie einschätzen
Eine definitive Diagnose und Einschätzung von Ausmaß und Schweregrad gelingt mit der Echokardiografie. Damit lässt sich auch die häufig stark variierende Progression verfolgen. Übersteigt z. B. die Flussgeschwindigkeit 2 m/s, kommt es typischerweise innerhalb von zehn Jahren zu einer schweren Stenose. Diese ist definiert durch eine Flussgeschwindigkeit von ≥ 4 m/s, einen mittleren Druckgradienten von ≥ 40 mmHg und eine Öffnungsfläche von ≤ 1,0 cm2.
Bei Betroffenen mit leichter bis mittelschwerer Engstelle oder asymptomatischer schwerer Form wird eine Aufklärung über den typischen Verlauf empfohlen. Personen mit leichter Aortenstenose sollten alle drei bis fünf Jahre klinisch und echokardiografisch kontrolliert werden, bei moderater Ausprägung alle ein bis zwei Jahre, bei schwerer alle sechs bis zwölf Monate.
Wichtig ist die Therapie kardiovaskulärer Risikofaktoren einschließlich Nikotinabusus, damit zum Zeitpunkt der Klappenintervention nicht noch eine KHK vorliegt. Die Behandlung von begleitender Hypertonie und Niereninsuffizienz ist ebenfalls essenziell. Sie verlangsamt die Progression der Aortenstenose, indem die Nachlast gesenkt und die Kalzifikation des Klappengewebes gebremst wird. Wegen des bei Klappenerkrankungen erhöhten Endokarditisrisikos ist eine optimale Zahnhygiene inklusive regelmäßiger professioneller Zahnreinigungen obligat. Eine routinemäßige Antibiotikaprophylaxe vor einer Zahnbehandlung ist nicht erforderlich.
Bei mechanischen Klappen ist lebenslange Antikoagulation erforderlich
Sobald Personen mit schwerer Stenose Symptome entwickeln, raten die europäischen und US-Leitlinien zu einem operativen Aortenklappenersatz (SAVR) oder einer Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI). Beide ermöglichen eine normale Lebenserwartung. Die 10-Jahres-Mortalität über 70-Jähriger liegt nach TAVI bei 62,7 % und nach SAVR bei 64,0 %. Der Katheter-gestützte Eingriff ist mit einer geringeren stationären Verweildauer, einer rascheren Rückkehr zur üblichen Aktivität und weniger Schmerzen verbunden als die Operation. Beide Eingriffe sind mit bioprothetischen Klappen möglich. Letztere halten heute zehn bis 20 Jahre, müssen also ggf. ersetzt werden. Die mechanischen Varianten haben den Nachteil, dass sie eine lebenslange Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten erfordern.
Die amerikanischen Leitlinien (ACC, AHA*) von 2020 und ihr europäisches Pendant (ESC**) von 2021 empfehlen die transfemorale TAVI für Personen mit symptomatischer Aortenstenose, die nicht chirurgisch behandelt werden können oder eine hohe Operationsmortalität (> 8 %) aufweisen. ACC und AHA plädieren für den operativen Aortenersatz bei Menschen unter 65 Jahren und für die TAVI ab 80 Jahren, die ESC sieht eine TAVI-Indikation ab 75 Jahren.
* American College of Cardiology, American Heart Association
** European Society of Cardiology
Quelle: Otto CM et al. JAMA 2024; doi: 10.1001/jama.2024.16477