Hypersensitivitätspneumonitis Das Puzzle lösen
Die Hypersensitivitätspneumonitis (HP) wird heute als immunologisch vermittelte Lungenerkrankung verstanden, die bei entsprechender genetischer Exposition durch eine Vielzahl von organischen – selten nicht-organischen – Antigenen aus der Umwelt oder am Arbeitsplatz hervorgerufen werden kann.
Die Diagnostik gestaltet sich nicht einfach, die Arbeitsgruppe um Dr. Evans Fernández Pérez von der Division of Pulmonary, Critical Care and Sleep Medicine, National Jewish Health, Denver, hat daher nun 14 zentrale Empfehlungen herausgearbeitet, von denen zwei rein konsensusbasiert sind. Insgesamt war die Evidenz aber auch für die anderen relativ schwach, räumen die Autoren ein.
1. Bei allen Patienten mit Verdacht auf eine Hypersensitivitätspneumonitis sollte eine gründliche Expositionsanamnese erfolgen unter Berücksichtigung von Art und Ausmaß der Belastung und ihrem zeitlichen Zusammenhang mit den Symptomen. Dazu können entsprechende Fragebogen benutzt werden. Ziel ist es, die Fehldiagnose einer idiopathischen interstitiellen Pneumonie zu verhindern.
2. Besteht der Verdacht auf eine berufliche Exposition, raten die Experten, Arbeitsmediziner in den diagnostischen Prozess einzubeziehen – insbesondere bei unklaren oder unbestätigten Expositionsquellen. Umweltmediziner können im Fall von nicht-berufsbedingten Expositionen hilfreich sein.
3. Bei Patienten mit HP-Verdacht basiert die Beurteilung vor allem auf der Wahrscheinlichkeit, dass ein auslösendes Antigen vorliegt. Dieses sollte identifiziert und gemieden werden, um die Prognose des Patienten zu verbessern.
4. Basierend auf einer hochauflösenden CT (HRCT) sollte zwischen fibrotischen und nicht-fibrotischen HP-Formen unterschieden werden, da Vernarbungen die Prognose verschlechtern.
5. Wurde ein auslösendes Antigen identifiziert und komplett gemieden, unterstützt eine resultierende klinische Besserung die Diagnose einer HP. Ein ausbleibender Rückgang der Symptome schließt die Erkrankung aber nicht aus.
6. Ein Ansprechen oder Nicht-Ansprechen auf die Therapie (z.B. mit systemischen Kortikosteroiden) eignet sich nicht, um die Diagnose zu sichern bzw. auszuschließen.
7. Zur Detektion einer HP darf man sich nicht allein auf den Nachweis von antigenspezifischem IgG oder IgA im Serum verlassen.
8. Ein antigenspezifischer inhalativer Provokationstest wird ausdrücklich nicht empfohlen. Zum einen fehlen validierte Kriterien für eine positive Antwort, zum anderen stehen die meisten Antigene nicht in standardisierter Form zur Verfügung.
9. Ähnliches gilt für den antigenspezifischen Lymphozytenproliferationstest, auch für ihn gibt es keine Empfehlung.
10. Die typischen Befunde in der HRCT können die Diagnose einer HP unterstützen. Um diese zu sichern, reichen sie allerdings nicht aus.
11. Die Autoren empfehlen, sich multidisziplinär auszutauschen bzw. zu diskutieren, um die Erkrankung aufzudecken. Dabei müssen respiratorische Symptome, zeitliche Zusammenhänge mit der Exposition, histopathologische und Bildgebungsbefunde berücksichtigt werden.
12. Bei stringenter Expositionshistorie und dem HP-typischen Bild in der HRCT kann man auf eine routinemäßige bronchoalveoläre Lavage verzichten, zumal eine in der Flüssigkeit nachgewiesene Lymphozytose nicht ausreichend sensitiv oder spezifisch ist.
13. Führt die Zusammenschau aller anamnestischen, klinischen, labormedizinischen und radiologischen Befunde immer noch nicht zu einer klaren Erkenntnis, ist u.U. eine Lungenbiopsie mit histologischer Untersuchung sinnvoll. Dies gilt allerdings nur, wenn die definitive Diagnose zu einer Veränderung des Managements führen würde.
14. Auch die Histologie muss interdisziplinär zusammen mit den anderen Befunden beurteilt werden, da der Befund nicht unbedingt spezifisch ist.
Quelle: Fernández Pérez ER et al. CHEST 2021; 160: 595-615; DOI: 10.1016/j.chest.2021.03.067