Ernährungstherapie DGIM mahnt: Parenterale Ernährung irgendwann unnötige Belastung

Autor: Lara Sommer

Empfehlungen besagen, dass Ärzt:innen bei Betroffenen mit einer Lebenserwartung unter drei Monaten auf parenterale Ernährung verzichten sollten. Empfehlungen besagen, dass Ärzt:innen bei Betroffenen mit einer Lebenserwartung unter drei Monaten auf parenterale Ernährung verzichten sollten. © Satjawat – stock.adobe.com

Ärzt:innen sollen bei Betroffenen mit einer Lebenserwartung unter drei Monaten auf parenterale Ernährung verzichten, besagt eine neue Handlungsempfehlung. In diesem Stadium verbessern aggressive Interventionen weder Überleben noch Lebensqualität. 

Eine neue Klug-entscheiden-Empfehlung der DGIM lautet, im Endstadium einer unheilbaren Krebs­erkrankung (Lebenserwartung < 3 Monate) mit Appetitverlust auf parenterale Ernährung zu verzichten. Wie Ärzt:innen die Intensität der Maßnahmen abwägen sollten, verdeutlichte Prof. Dr. ­Andreas ­Neubauer vom Universitätsklinikum Marburg anhand dreier fiktiver Fallbeispiele.

Als Erstes stellte der Referent einen 54-Jährigen in gutem Allgemein­zustand vor, der ein ausgedehntes Lokalrezidiv eines Hypopharynxkarzinoms aufweist, welches das Schlucken erschwert. Eine Therapie mit einem Checkpoint-Hemmer soll bald beginnen. „Dieser Patient hat bei fortgeschrittener, nicht mehr kurabler Tumorerkrankung noch eine recht gute Prognose“, schätzte der Experte ein. Hier ergebe es Sinn, parenteral und/oder über PEG zu ernähren, die Entscheidung müssten Ärzt:innen gemeinsam mit dem Erkrankten treffen. Patient:innen mit einer verbliebenen Lebenserwartung von mehr als 3–6 Monaten und Aussicht auf klinische Besserung können von einer Ernährungstherapie profitieren. Wenn aus anatomischen Ursachen heraus keine enterale Nahrungs­zufuhr erfolgen kann, sei eine par­enterale Ernährung gerechtfertigt.

Keine Verbesserung der Lebensqualität

Patient Nummer 2 hat ein ­NSCLC mit ossären und zerebralen Metastasen, das unter der Drittlinie fortschreitet. Er klagt über Schwäche mit Kachexie und Gewichtsverlust. Um die Lebenserwartung des Betroffenen stehe es hier schon deutlich schlechter, erinnerte Prof. ­Neubauer, da es keine effektiven neuen Therapielinien mehr gebe. In diesem Fall würde er Ernährungsberatung und hoch­kalorische Trink­nahrung anbieten. Eine parenterale Ernährung könne das Vollbild einer Tumorkachexie nicht behandeln und verbessere weder Lebensqualität noch -erwartung. In einer Studie verschlechterte sich der Funktionszustand von Patient:innen mit einer verbliebenen Prognose von 8–12 Wochen unter dieser sogar schneller als bei oraler Nahrungsaufnahme.

Der letzte Beispielpatient leidet an einem systemisch progredienten, multipel metastasierten NSCLC und kommt in sehr schlechtem Allgemeinzustand (Delir, beidseitiger Pleuraerguss, Atemnot, ausgedehnte Ödeme) in der Notaufnahme an. Angesichts einer Prognose von wenigen Tagen würde Prof. Neubauer die laufende parenterale Ernährung in Absprache mit den Angehörigen einstellen und sich auf Supportivmaßnahmen beschränken. Alle Interventionen sollten der Lebensqualität dienen. „In der letzten Lebensphase ist es völlig klar, dass Patient:innen nicht mehr von irgendwelchen aggressiven, insbesondere Chemotherapiemaßnahmen profitieren“, mahnte der Arzt.

Quelle:
DGIMTalk Klug entscheiden in der Hämato-Onkologie „Parenterale Ernährung bei fortgeschrittener inkurabler Tumorerkrankung“