Blau-Gelb-Störung Ein gefäßkranker Patient sieht rot

Autor: Sabine Mattes

Auch in der Arbeitsmedizin sollte dem Thema erworbene Farbsinnstörungen nach Ansicht des Autors mehr Bedeutung beigemessen werden. Auch in der Arbeitsmedizin sollte dem Thema erworbene Farbsinnstörungen nach Ansicht des Autors mehr Bedeutung beigemessen werden. © Thomas Söllner – stock.adobe.com

Wenn sich die Farbwahrnehmung von Patienten verändert, sollte bei der Ursachenforschung auch an eine vaskuläre Erkrankung gedacht werden.

Indem sie einen Sauerstoffmangel an den retinalen Ganglienzellen verursacht, kann grundsätzlich „jede Art der Durchblutungsstörung im Bereich der okulären Mikrozirkulation zu Farbsinnstörungen führen“, schreibt Prof. Dr. Carl Erb, Augenklinik am Wittenbergplatz in Berlin. Nachgewiesen wurden solche erworbenen Störungen bspw. bereits bei Patienten mit Hypertonie, Diabetes mellitus oder KHK.

Im Unterschied zu angeborenen Farbfehlsichtigkeiten beginnen erworbene Sinnstörungen meist einseitig und werden von einem auffälligen Augenbefund begleitet. Blauzapfen kommen auf der Netzhaut am wenigsten vor und reagieren sehr stark auf externe Einflüsse. Eine Dyschromatopsie äußert sich deswegen zu Beginn häufig als Blau-Gelb-Störung. Sie muss allerdings nicht zwangsläufig entlang einer klaren Farbachse verlaufen, erklärt der Wissenschaftler. Solch ein „Befund ohne sichere Achse“ weist in Kombination mit einer geringen Fehlersumme auf eine Farbsinnstörung im Anfangsstadium hin. Bei einer hohen Fehlersumme lässt er hingegen eine ausgeprägte Schädigung aller Zapfentypen und damit eine stark fortgeschrittene Dyschromatopsie vermuten (siehe Kasten).

Was ist bei der Farbsinnprüfung zu beachten?

  • Untersuchungsbedingungen bestmöglich standardisieren: Verlässliche Ergebnisse sind mit Farbpigmentprobentests wie dem Farnsworth-100-Hue-Test oder dem Panel-D-15-Test (desaturiert) sowie mit einem Anomaloskop mit Moreland- und Rayleigh-Gleichung zu erreichen
  • „Farberfahrung“ und Lerneffekte der Patienten berücksichtigen

Nachweisbar, bevor Symptome auftreten

„Mit der Farbsinnprüfung lassen sich subtile Störungen in der Netzhautfunktion nachweisen, die oft vor den klinischen Symptomen und für den Augenarzt vor sichtbaren Augenhintergrundveränderungen bei allgemeinen Gefäßerkrankungen auftreten können“, erläutert Prof. Erb. Dies gelte bspw. für einen Diabetes mellitus. Als preiswertes und nicht-invasives Mittel zur Frühdiagnostik könne die Untersuchung dabei helfen, die Therapie der Patienten rechtzeitig anzupassen und weiteren Schäden vorzubeugen.

Auch in der Arbeitsmedizin sollte dem Thema erworbene Farbsinnstörungen nach Ansicht des Autors mehr Bedeutung beigemessen werden: Viele Berufe erfordern eine gute Farbwahrnehmung. Arbeitnehmer mit allgemeinen Gefäßerkrankungen können jedoch in ihrem Farbsehen eingeschränkt sein – eine Beeinträchtigung, die sich nur bis zu einem gewissen Grad über Erfahrung ausgleichen lässt.

Quelle: Erb C. Z prakt Augenheilkd 2024; 45: 119-121; DOI: 10.1016/j.eclinm.2024.102529