Asthma ist meist nur der Anfang Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis diagnostizieren und behandeln

Autor: Dr. Andrea Wülker

Asthma gehört zu den EGPA-Diagnostikkriterien der European Respiratory Society. (Agenturfoto) Asthma gehört zu den EGPA-Diagnostikkriterien der European Respiratory Society. (Agenturfoto) © gpointstudio – stock.adobe.com

Asthma, Eosinophilie und eine Vaskulitis der kleinen Gefäße kennzeichnen die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis, eine seltene Multisystemerkrankung. Monoklonale Anti-Interleukin-5-Antikörper können zur Remission beitragen und helfen, Glukokortikoide einzusparen.

Ursprünglich wurde die Erkrankung als Churg-Strauss-Syndrom bezeichnet, heute zählt die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) zu den ANCA-assoziierten Vaskulitissyndromen, schreiben Dr. ­Vardah ­Alam und Dr.  ­Alexandra ­Nanzer vom Guy’s and St Thomas’ Hospitals Trust in London. Eosinophile Gewebsinfiltrationen und extravaskuläre Granulombildungen können bei der EGPA praktisch jedes Organ schädigen. Über die Pathogenese ist wenig bekannt; vermutet wird, dass verschiedene genetische und Umweltfaktoren zur Entwicklung der EGPA beitragen.

Die meisten EGPA-Patienten durchlaufen drei Phasen der Erkrankung:

  • Typisch für die prodromale bzw. allergische Phase sind Symptome des oberen Atemtrakts wie Rhinosinusitis, Nasenpolypen oder eine Verschlechterung von Asthma. Asthma tritt bei allen EGPA-Patienten auf und muss oft mit oralen Kortikosteroiden behandelt werden. Häufig werden zudem unspezifische Symptome wie Unwohlsein, Gewichtsverlust, Muskel- und Gelenkschmerzen beob­achtet.
  • Die Eosinophiliephase ist gekennzeichnet durch eine periphere Eosinophilie und eosinophile Organbeteiligung, die sich insbesondere im Atem- und Gastrointestinaltrakt sowie im Myokard zeigen.
  • In der Vaskulitisphase kommt es zur systemischen Infiltration von kleinen und mittelgroßen Gefäßen. Eine nekrotisierende Vaskulitis der kleinen Gefäße manifestiert sich klinisch in peripheren Nerven (Mononeuritis multiplex oder Polyneuropathie), in den Nieren (nekrotisierende Glomerulonephritis) und an der Haut (Purpura). Sie führt zu Endorganschäden.

Allerdings verläuft die EGPA nicht zwangsläufig in Form von klar abgrenzbaren Krankheitsphasen. Manche Betroffene zeigen zudem nur einige der beschriebenen Mani­festationen. Bei Erstdiagnose sind die meisten Patienten zwischen 48 und 55 Jahre alt, die Erkrankung wurde aber auch schon bei 15-Jährigen festgestellt.

EGPA-Diagnostikkriterien der European Respiratory Society

  • Asthma
  • Eosinophile ≥ 1 x 109 Zellen/l Blut
  • plus mindestens zwei der folgenden Kriterien:
    • ANCA-Positivität (Myeloperoxidase oder Proteinase-3)
    • palpable Purpura
    • alveoläre Hämorrhagie
    • Glomerulonephritis
    • Kardiomyopathie
    • histopathologische Evidenz einer eosinophilen Vaskulitis
    • sinunasale Erkrankung
    • nicht-fixierte Lungeninfiltrate
    • Mono- oder Polyneuropathie

Wegen der vielfältigen und variablen Symptomatik stellt die Abklärung eines EGPA-Verdachts eine Herausforderung dar. Hilfreich sind die EGPA-Diagnostikkriterien der European Respiratory Society (siehe Kasten). Derzeit gibt es keine zuverlässigen diagnostischen Biomarker. Um den Verdacht zu bestätigen und einen Therapieplan erstellen zu können, empfehlen die Autoren eine umfassende laborchemische Abklärung (BSG, CRP, IgE, IgG, Rheumafaktor, ANCA, Troponin, Nierenfunktionswerte, Tryptase, Vitamin B12). Zudem sollte man auf eine etwaige Hämaturie achten. Je nach Klinik und Reiseanamnese sollte serologisch und mittels Stuhlproben nach Parasiten gefahndet werden. Ebenso ist eine gründliche Medikamenten- und Schadstoffanamnese erforderlich. Um die Lungen beurteilen zu können, empfehlen die Autoren Röntgen- und CT-Aufnahmen des Thorax sowie Lungenfunktionstests. Ein Echokardiogramm oder ein kardiales MRT dienen zum Nachweis oder Ausschluss einer kardialen Beteiligung. Um hämatologische Ursachen einer Eosinophilie auszuschließen, kann eine Knochenmarkbiopsie sinnvoll sein. Biopsien von betroffenen Organen können sowohl zur Diagnostik einer EGPA als auch zur Verlaufsbeobachtung dienen.

In der Behandlung der EGPA werden aktuell orale Kortikosteroide als Erstlinientherapie eingesetzt. Aufgrund der bekannten Nebenwirkungen sollte die Steroiddosis möglichst niedrig gewählt werden. Zu den Zweitlinientherapeutika zählen Immunsuppressiva wie Cyclophosphamid, Azathioprin, Methotrexat, Rituximab und Mycophenolatmofetil.

Welche Rolle spielen ANCA?

Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) lassen sich bei etwa 40 % der EGPA-Patienten nachweisen. ANCA richten sich bei EGPA meist gegen die Myeloperoxidase, manchmal auch gegen die Proteinase-3. ANCA tragen zu Entzündungsvorgängen und Organschädigungen bei. Es wurden zwei genetisch und klinisch unterschiedliche EGPA-Phänotypen identifiziert, die durch das Vorliegen bzw. Fehlen von ANCA definiert sind.

Interleukin-5 (IL-5) ist maßgeblich an der Proliferation und Differenzierung von Eosinophilen beteiligt und hemmt deren Apoptose. Monoklonale Antikörper gegen IL-5 oder gegen den IL-5-Rezeptor haben sich bei Asthma als wirksam erwiesen. Auch für die Behandlung der EGPA sind diese Antikörper vielversprechend. In kleinen Kohortenstudien konnten gegen IL-5 gerichtete monoklonale Antikörper eine Remission erzielen und zur Einsparung von Steroiden beitragen. Derzeit laufen größere Studien.

Quelle: Alam V, Nanzer AM. Breathe 2022; 18: 220170; DOI: 10.1183/20734735.0170-2022