Erfolgreiche Defibrillation: Bereits fünf Sekunden ohne Kompression mindern die Chancen
Für Laien kann es schwierig sein, den Herz-Kreislauf-Stillstand zu erkennen. Auf die Pulskontrolle – auch über der Carotis – ist dabei kein Verlass, schreibt der Kardiologe Dr. Alexander Kersten von der Uniklinik der RWTH Aachen. Ein wesentlich valideres Zeichen ist die Schnappatmung (bei ca. 40 % der Patienten nachweisbar). Deshalb sollen Ersthelfer einen Kreislaufstillstand bereits vermuten, wenn ein nicht ansprechbarer Patient eine veränderte Atmung zeigt. Die Evaluation darf nicht länger als zehn Sekunden dauern. Außerdem sollte die Laien-Reanimation immer unter telefonischer Anleitung aus der Rettungsleitstelle erfolgen – bis ein erfahrener Helfer vor Ort eintrifft.
Medikamente notfalls intraossär spritzen
Als Standard gilt nach wie vor die Kombination von 30 Brustkorb-Kompressionen mit zwei Atemhüben. Empfohlen werden 100–120 Kompressionen pro Minute (zentral über dem Brustkorb, Eindringtiefe 5–6 cm). Wenn verfügbar, sollte so bald wie möglich ein automatischer externer Defi (AED) angelegt werden.
Sobald medizinisches Personal eintrifft, beginnt der Advanced-Life-Support mit Maßnahmen zur Atemwegssicherung, Applikation von Medikamenten einschließlich Epinephrin, regelmäßiger Rhythmuskontrolle (alle zwei Minuten) und durchgehender Herz-Lungen-Wiederbelebung (sobald der Atemweg gesichert ist). Das Hauptaugenmerk liegt dabei nach wie vor auf der mechanischen Kompression und, falls erforderlich, der frühzeitigen Defibrillation – mit möglichst kurzen Unterbrechungen der Kompression. Schon Prä-Schock-Pausen von 5–10 Sekunden reduzieren die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Defibrillation.
Für die Applikation von Medikamenten wird ein peripherer venöser Zugang benötigt (notfalls ein intraossärer). Nach jeder i.v. Applikation rät Dr. Kersten, 20 ml einer kristalloiden Spüllösung nachzuspritzen und die Extremität anzuheben, um den Eintritt der Wirkung zu beschleunigen. Während des Advanced-Life-Support sollte alle 3–5 Minuten Epinephrin in einer Dosis von 1 mg injiziert werden. Bei einer prolongierten Reanimation wird weiterhin empfohlen, nach drei erfolglosen Defibrillationsversuchen 300 mg Amiodaron zu verabreichen. Natriumbikarbonat gehört nicht zum Routineprogramm und eine fibrinolytische Therapie sollte nur beim Verdacht auf Lungenembolie erfolgen (danach Herz-Lungen-Wiederbelebung über mindestens 60 min fortsetzen).
Prähospitale Erfolgsquote liegt bei rund 40 %
Intubieren dürfen nur geübte Kräfte, als Alternative kommt ein subglottischer Zugang mit Larynxmaske in Betracht. Kammerflimmern und pulslose ventrikuläre Tachykardie erfordern eine rasche Defibrillation (drei konsekutive Schocks mit eskalierender Stromstärke). Pulslose elektrische Aktivität und Asystolie sind dagegen keine Indikation zur Defibrillation, es sei denn, der Kreislaufstillstand hat eine rasch behebbare Ursache (Hypovolämie, Hypokaliämie etc.).
Behebbare Ursachen des Kreislaufstillstands
- 4 x H: Hypoxämie, Hypovolämie, Hypo- und Hyperkaliämie, Hypo- oder Hyperthermie
- 4 x T: Thrombose (kardial oder pulmonal), Spannungspneumothorax (Tension pneumothorax), kardiale Tamponade, Toxine
Quelle: Kersten A. Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 555-568; DOI: 10.1055/a-0665-6690