Rückfallrisiko und Krebsgefahr Fachgesellschaft gegen E-Zigarette
Glaubt man der Werbung, sind elektronische Zigaretten deutlich weniger gefährlich als die herkömmlichen Glimmstängel. Ob das stimmt und ob man seinen ausstiegswilligen Patienten zur E-Zigarette raten soll, war bisher offen. Im April 2022 hat die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) gemeinsam mit 14 anderen medizinischen Fachgesellschaften und Organisationen Stellung bezogen und ein Positionspapier in dieser Sache veröffentlicht. Aufgrund der Schadstoffbelastung durch das Aerosol und des gegenüber anderen Methoden höheren Rückfallrisikos ist die E-Zigarette als Hilfsmittel zur Raucherentwöhnung ungeeignet und soll nicht empfohlen werden, machen die Autoren unmissverständlich klar.
Besonders bei Menschen mit COPD, Asthma oder anderen Atemwegserkrankungen könne das Inhalieren der toxischen Substanzen und Aromastoffen zu verstärkten Entzündungen führen und Bronchien sowie Lungengewebe weiter schädigen. Zwar liegen einzelne Schadstoffe im Dampf der E-Zigaretten weniger konzentriert vor als im Rauch brennbarer Tabakerzeugnisse. Doch im Ganzen betrachtet hat auch das Aerosol aus Liquids oder Tabakerhitzern deutlich entzündungsfördernde, gefäßschädigende und karzinogene Eigenschaften. So enthält es etwa die krebserregenden Substanzen Formaldehyd und Acetaldehyd sowie Acrolein, das eine schädigende Wirkung auf das Gefäßsystem hat. Weiter finden sich ultrafeine Partikel sowie die von der Heizspirale freigesetzten Metalle Nickel und Kobalt, allesamt mit karzinogenem Potenzial. Im Positionspapier wird zudem von DNA-Schäden bei experimentellen zellbiologischen und tierexperimentellen Studien berichtet, von Entzündungsreaktionen und Zelltod.
Positive Entzugsstudien nicht unter Real-Life-Bedingungen
Zwar führen in kontrollierten klinischen Studien E-Zigaretten in der Tat zu einer besseren Entwöhnungsrate als gängige Nikotinersatztherapien. Die Autoren stellen aber klar, dass sich diese Resultate keinesfalls in Observationsstudien und unter Real-Life-Bedingungen wiederfinden. Und wenn die Raucher tatsächlich von den Tabakzigaretten wegkommen, bleiben 80 % von ihnen auch nach der Entwöhnungsphase dauerhaft beim Dampfen. In herstellerfinanzierten Studien werden regelmäßig die gesundheitlichen Vorteile, die sich beim Umstieg aufs Dampfen ergeben sollen, herausgestellt. Doch auch wenn sich im Dunst der E-Zigaretten unterm Strich weniger gesundheitsschädliche Stoffe finden lassen, nimmt die toxische Wirkung nicht zwangsläufig ab, heißt es weiter.
Aerosole noch reizender als Tabakrauch
So konnten in industrieunabhängigen Studien keinerlei Verbesserungen bei chronisch-entzündlichen Lungenkrankheiten nach dem Wechsel zu den E-Zigaretten festgestellt werden. Vielmehr zeigen Laborexperimente, dass Bronchialzellen von COPD-Patienten sogar mit erhöhter Entzündung reagieren, wenn sie statt des Tabakrauchs dem Aerosol der elektronischen Zigaretten ausgesetzt werden. Hinzu kommen oxidativer Stress, endotheliale Dysfunktion und erhöhte Thromboseneigung mit den hinreichend bekannten negativen Auswirkungen auf Herz und Kreislauf. Um Patienten dauerhaft weg vom Rauchen zu bringen, empfehlen die Experten, die bewährten Nikotinersatztherapien nötigenfalls mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen oder auch mit Medikamenten zu kombinieren. Neben Nikotinersatzpräparaten bieten sich hierzu die suchthemmenden Substanzen Vareniclin (derzeit nicht verfügbar), Bupropion und Cytisin an.
Quelle: Positionspapier „Empfehlungen zum Umgang mit der elektronischen Zigarette (E-Zigarette)“ der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)