Reizdarmsyndrom oder CED Fäkales Calprotectin macht den Unterschied
Sowohl das Reizdarmsyndrom als auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) betreffen häufig jüngere Erwachsene. Oft ist es nicht möglich, mithilfe von Anamnese und klinischer Untersuchung die beiden Krankheitsbilder sicher voneinander abzugrenzen. Dies führt dazu, dass bei Patienten mit Reizdarmsyndrom großzügig teure und invasive, aber letztlich unnötige Untersuchungen (insbesondere Endoskopien) angesetzt werden, so Mohammed Deputy vom St Mark’s Hospital and Academic Institute in Harrow und Kollegen.
Eine weitere relevante Differenzialdiagnose, die bedacht werden muss, ist das kolorektale Karzinom. Es kann sich durch unbeabsichtigten Gewichtsverlust, Bauchschmerzen, veränderte Stuhlgewohnheiten, rektale Blutungen oder Eisenmangelanämie bemerkbar machen. Doch rektale Blutungen und veränderte Stuhlgewohnheiten werden auch bei CED beobachtet und erlauben keine sichere Differenzierung.
Biomarker für intestinale Inflammation
Bei enteraler Inflammation wird Calprotectin aus Immunzellen ins Darmlumen freigesetzt. Im Gegensatz zu Bluttests wie CRP oder Blutsenkungsgeschwindigkeit ist das fäkale Calprotectin ein spezifischer Biomarker für enterale Inflammation. Es ist aber nicht spezifisch für CED, sondern kann u.a. auch bei infektiösen Durchfällen, Divertikulitis oder unter Einnahme von NSAR oder Acetylsalicylsäure erhöht sein. Der Referenzbereich für das fäkale Calprotectin liegt bei bis zu 50 µg/g Stuhl (die Cut-off-Werte differieren in der Literatur).
Normaler Calprotectinspiegel spricht gegen CED
Wie geht es weiter? Wenn als wichtigste Differenzialdiagnosen Reizdarmsyndrom und CED zur Debatte stehen, lohnt sich die Bestimmung des fäkalen Calprotectins. Dieser nicht-invasive Test, der auch in der Hausarztpraxis zur Verfügung steht, kann eine CED ausschließen: Ein normaler Calprotectinspiegel hat einen hohen negativen prädiktiven Wert für M. Crohn und Colitis ulcerosa.
Je nach Höhe des Calprotectinwerts empfehlen die Autoren folgendes Vorgehen:
- < 100 µg/g: spricht für ein Reizdarmsyndrom, entsprechende Behandlung einleiten
- 100–250 µg/g: uneindeutiges Ergebnis, Test wiederholen oder Überweisung an Gastroenterologie
- > 250 µg/g: CED wahrscheinlich, dringende Überweisung (innerhalb von zwei Wochen) an einen Gastroenterologen
Diagnostisch hilfreich ist die Untersuchung des fäkalen Calprotectins bei Erwachsenen < 60 Jahre, sofern die Entscheidung zwischen Reizdarmsyndrom und CED getroffen werden muss. Bei gesicherter chronisch-entzündlicher Darmerkrankung kann der Test zum Monitoring in der Sekundärversorgung dienen. Nicht empfohlen ist er bei Patienten mit blutigen Durchfällen bzw. Krebsverdacht.
Quelle: Deputy M et al. BMJ 2023; 380: e068947; DOI: 10.1136/bmj-2021-068947