IPF und Diabetes Gestörter Zuckerstoffwechsel als Fibrosetreiber
Schätzungsweise 8,5 % der Weltbevölkerung leiden an Diabetes mellitus. Bei Menschen mit idiopathischer Lungenfibrose (IPF) ist die Prävalenz mehr als doppelt so hoch: In Registerstudien beträgt sie ca. 20 %, berichtete Prof. Dr. Jürgen Behr, Universitätsklinikum München. Den metabolischen Komorbiditäten der IPF haben Pneumologen bisher jedoch wenig Aufmerksamkeit geschenkt – zu Unrecht, wie der Münchner Kollege meinte. Eine aktuelle Übersicht, frei auf der Webseite des „World Journal of Diabetes“ nachlesbar, dröselt Gemeinsamkeiten beider Krankheitsbilder und mögliche Konsequenzen im Detail auf. Die üppige Gefäßversorgung und die große Menge bindegewebiger Strukturen machen die Lunge anfällig für diabetische Folgeschäden infolge mikrovaskulärer Zirkulationsstörungen und Glykosylierung von Kollagen und Elastin.
Neuropathie vermindert mukoziliäre Clearance
Die diabetestypische autonome Neuropathie fügt weitere pathophysiologische Komponenten hinzu wie gestörte Surfactantproduktion, gestörte Response auf Hypoxie und verminderte mukoziliäre Clearance. Von der diabetischen Neuropathie kann auch der N. phrenicus betroffen sein, sodass das Zwerchfell die Atmung nicht mehr richtig unterstützt. Die Folgen dieser multiplen Störungen machen sich aufgrund der großen funktionellen Reserve der Lunge häufig später bemerkbar als diabetische Schäden an anderen Organen.
Was antidiabetische Medikamente in diesem Kontext bewirken, lässt sich schwer abschätzen. Dem Basismedikament beim Typ-2-Diabetes, Metformin, werden aufgrund experimenteller Befunde potenziell protektive Eigenschaften zugeschrieben. Dies gilt für einzelne GLP-1-Rezeptoragonisten und Sulfonylharnstoffe genauso. Einzelfallberichte gibt es über reversible pulmonale Fibrosen unter anderen Antidiabetika.
Darüber, ob eine gute Blutzuckerkontrolle der Fibrose entgegenwirkt, kann derzeit nur spekuliert werden. Der enge Zusammenhang zwischen Stoffwechseleinstellung und mikrovaskulären Schäden lässt das vermuten, systematisch untersucht ist es jedoch nicht. Dafür mehren sich die Hinweise auf Korrelationen zwischen fibroproliferativen Erkrankungen und metabolischen Dysbalancen. So konstatierten italienische Kollegen in einer Übersichtsarbeit, dass bei Fibrosen der Lunge und anderer Organe gehäuft Störungen im Zucker-, Lipid-, Protein- und Hormonmetabolismus zu finden sind. Sie gehen dem Krankheitsausbruch oft voraus und können ihn beschleunigen.
Diese metabolischen Veränderungen zu korrigieren, könnte eine neue Strategie der Fibrosebehandlung sein. Dazu gehört, den Ernährungsstatus nicht nur bei der Diagnose sorgfältig zu erheben, sondern auch im Follow-up, zumal Antifibrotika ihn durch gastrointestinale Nebenwirkungen verschlechtern können. „Eine optimale Therapie der Komorbiditäten plus Ernährungsmanagement erscheint bei Lungenfibrosepatienten hochrelevant und sollte in der täglichen Praxis stärker Beachtung finden“, resümierte Prof. Behr.
Seminarbericht: 18. Pneumologie-Update-Seminar