COPD plus kardiovaskuläre Erkrankung Gleich und gleich gesellt sich gern
Zur engen Assoziation zwischen COPD und kardiovaskulären Erkrankungen (CVD) tragen verschiedene Komponenten bei: gemeinsame Risikofaktoren und Pathomechanismen, negative kardiovaskuläre Auswirkungen der COPD sowie ungünstige Effekte von Lungen- und Herzmedikamenten auf die jeweils andere Erkrankung. Und schließlich kann die hohe Prävalenz von beiden Erkrankungen auch ein zufälliges gemeinsames Auftreten bedingen, schreiben Vishanna Balbirsingh, College of Medical and Dental Sciences, University of Birmingham und Koautoren.
Eine Herzinsuffizienz betrifft COPD-Patienten mehr als achtmal häufiger als Menschen ohne das Lungenleiden, Myokardinfarkte kommen mindestens viermal häufiger vor und ischämische Schlaganfälle doppelt so oft. Daten aus der Literatur lassen darauf schließen, dass kardiovaskuläre Erkrankungen bei COPD-Patienten unterdiagnostiziert sind. In einer Untersuchung fanden sich z.B. bei 26 % der Lungenkranken im EKG Hinweise auf einen abgelaufenen Myokardinfarkt, diese Diagnose war jedoch nur bei 16 % gestellt worden.
Überblähung der Lunge kann EKG beeinträchtigen
Das Verkennen einer kardiovaskulären Krankheit wird dadurch gefördert, dass Symptome wie Dyspnoe auch der COPD zugeschrieben werden können. Weitere Faktoren erschweren u.U. die Diagnose: So kann eine Überblähung die EKG-Beurteilung beeinträchtigen und das B-natriuretische Peptid hat weniger Genauigkeit, wenn man eine Herzinsuffizienz bei COPD-Kranken diagnostiziert.
Mit zunehmendem Schweregrad der COPD häufen sich kardiovaskuläre Komorbiditäten. Dabei tritt die KHK gehäuft im Zusammenhang mit schweren symptomatischen Formen auf, während die Herzinsuffizienz sowohl mit schweren Symptomen als auch mit häufigen Exazerbationen assoziiert ist.
Als wichtigste Risikofaktoren teilen sich beide Erkrankungen das Rauchen und die körperliche Inaktivität. Und einige pathophysiologische Faktoren der COPD begünstigen das Auftreten einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Eine Hypoxie erhöht z.B. das Atheroskleroserisiko, akute Exazerbationen steigern das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Die Überblähung der Lunge führt evtl. zu einer Kompression und Dysfunktion des Herzens. Die mit dem Schweregrad der COPD zunehmende pulmonale Hypertension birgt die Gefahr der Rechtsherzinsuffizienz.
Die kardiovaskuläre Therapie könnte sich ungünstig auf die Lungenerkrankung auswirken und umgekehrt. Teilweise scheint die Angst davor der Grund zu sein, warum man eine Herzinsuffizienz bei einem erheblichen Teil der COPD-Patienten nicht mit den Standardmedikamenten behandelt, die auch deren Prognose verbessern würden. Besonders tief sitzen offenbar die Bedenken gegen Betablocker. Bei ihnen fürchtet man die bronchokonstriktive Wirkung, die den Effekt von Bronchodilatatoren abschwächen könnte. Doch kardioselektive Betablocker haben keine ungünstigen respiratorischen Effekte und können bei COPD problemlos eingesetzt werden, sie senken sogar das Risiko für akute Exazerbationen.
Von Statinen profitieren auch die Lungenpatienten, denn sie mindern die Inflammation. Die COPD kennzeichnet zudem ein ausgeprägtes prothrombotisches Milieu, das ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko mit sich bringt. Eine antithrombotische Therapie ist deshalb besonders dringlich. Beobachtungsstudien zu ASS haben ergeben, dass es keinen ungünstigen Einfluss auf die Lungenfunktion hat. Vielmehr bremste es die Progression von Emphysemen und senkte die Mortalität der Lungenkranken.
Nettonutzen bleibt trotz Nebenwirkungen positiv
Bekannt ist, dass COPD-Medikamente ungünstige kardiovaskuläre Effekte haben können. Zum Beispiel werden Tachyarrhythmien und Hypokaliämie als Nebeneffekte von Bronchodilatatoren beobachtet. Doch der Nettonutzen bleibt positiv. Denn die Bronchodilatatoren stabilisieren die Lungenfunktion und senken das Risiko akuter Exazerbationen – damit auch das für kardiovaskuläre Ereignisse. Die duale Bronchodilatation scheint einer Metaanalyse zufolge ebenfalls nicht mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse einherzugehen.
Quelle: Balbirsingh V et al. Thorax 2022; DOI: 10.1136/thoraxjnl-2021-218333