Anzeige

Kombinationstherapie Gleichzeitige Anwendung von Immunsuppressiva und CPI erfordert kompetentes multidisziplinäres Team

ELCC 2024 Autor: Josef Gulden

Die gleichzeitige Anwendung von Immunsuppresiva und CPI ist eine multidisziplinäre Herausforderung.
Die gleichzeitige Anwendung von Immunsuppresiva und CPI ist eine multidisziplinäre Herausforderung. © metamorworks – stock.adobe.com
Anzeige

Checkpoint-Inhibitoren und immunsuppressive Therapien zusammen anzuwenden, ist wie der Versuch, eine Katze und einen Hund zu einem harmonischen Zusammenleben zu bringen: Es ist möglich, aber meist sehr knifflig.

Prof. Dr. Dr. Michel Obeid, Lausanne Center for Immuno-Oncology Toxicities, nannte drei Indikationen für die gleichzeitige Gabe von Immunsuppressiva und Immuntherapien.

Immunbedingte Nebenwirkungen (irAE) von CPI werden in schweren Fällen mit Tocilizumab, einem Antikörper gegen den IL-6-Rezeptor, behandelt. Eine weitere, sich daraus ergebende Indikation ist die Sekundärprophylaxe bei einer Rechallenge mit CPI nach vorherigem Auftreten von irAE. 

In diesem Zusammenhang berichtete Prof. Obeid über eine eigene, noch nicht publizierte Pilotstudie, in der 27 Patient:innen eine durch CPI bedingte Arthritis aufwiesen. Drei erhielten Tocilizumab als Erstlinientherapie, 17 (63 %) in der Zweitlinie nach Kortikosteroiden und eine Person bekam den Antikörper in der Drittlinie. Bei allen Betroffenen ging nach 10–12 Wochen und auch noch nach 24 Wochen die Arththritis-Symptomatik nach den Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) um mindestens 70 % zurück, 81 % benötigten nach 24 Wochen keine Steroide.

Eine Rechallenge mit einem CPI erhielten 15 Erkrankte, zwölf (80 %) bekamen als Sekundärprophylaxe Tocilizumab. Die Immuntherapie konnte im Median über 138 Tage weitergeführt werden, bei 60 % der Patient:innen über mehr als 90 Tage; in keinem Fall musste sie wegen eines Wiederaufflackerns der Arthritis beendet werden. Ein Drittel entwickelte allerdings andere Formen von irAE. 40 % sprachen unter der Tocilizumab-Prophylaxe auf CPI an. 

Vorgehen bei organtransplantierten Erkrankten

Prof. Obeid präsentierte den Fall einer Person, die nach einer Doppeltransplantation von Herz und Niere an einem kutanen Plattenepithelkarzinom erkrankte. Sie konnte erfolgreich mit T-VEC, einem onkolytischen Virus, behandelt werden, nachdem zuvor Mycophenolat Mofetil und ein Calcineurin-Inhibitor abgesetzt und durch einen mTOR-Inhibitor ersetzt worden waren. Unter dieser Strategie verbesserte sich die Effektorfunktion von CD4+ und CD8+ T-Lymphozyten deutlich.

Eine herausfordernde Kombination

Die Primärprophylaxe wegen Autoimmunerkrankungen bzw. nach einer Organtransplantation stellt eine weitere Indikation für eine Immunsuppression im Kontext einer onkologischen Immuntherapie dar. Hier sei im Hinblick auf die Sicherheit ein abgestuftes Vorgehen zu empfehlen, so Prof. Obeid: 

  • Patient:innen mit inaktivem Autoimmunleiden benötigen keine Immunsuppression
  • Personen mit geringer Krankheitsaktivität kommen meist mit einem Immunmodulator oder einem niedrigdosierten Immunsuppressivum aus 
  • Aktive Autoimmunerkrankungen stellen eine Herausforderung dar und erfordern eine besondere Strategie

Publiziert sind zu dieser Thematik lediglich Kohortenstudien, die in der Regel Teilnehmende mit inaktiven Autoimmunkrankheiten oder solche mit niedriger Aktivität einschlossen. 
Im Falle einer aktiven Erkrankung empfahl Prof. Obeid ein mehrstufiges Verfahren: 

  • In der ersten Stufe, der Therapie-Rotationsphase, sollten hochpotente Immunsuppressiva abgesetzt und durch niedrigpotente im Sinne einer selektiven immunsuppressiven Therapie (SIT) ersetzt werden
  • In Stufe 2, der Stabilisationsphase, sollte gesichert werden, dass es kein Aufflackern von Autoimmunsymptomen gibt und dass die SIT sicher ist
  • In der dritten Stufe wird die SIT als Erhaltungstherapie fortgeführt und mit dem CPI kombiniert – begleitet durch ein aktives Monitoring

Ähnlich kann man bei organtransplantierten Patient:innen verfahren, wie Prof. Obeid an einem Beispiel demonstrierte (s. Kasten).

Sein Fazit: Die Kombination von Immunsuppression und onkologischer Immuntherapie ist eine Herausforderung, für die es kaum Evidenz aus kontrollierten Studien, sondern überwiegend retrospektiv im Kontext von geringgradigen oder wenig aktiven Autoimmunerkrankungen erhobene Daten gibt. Eine Therapierotation von hoch- hin zu niedrigpotenten Immunsuppressiva vor Beginn der Immuntherapie sei essenziell. 

Die Voraussetzungen einer Kombination von Immuntherapie und Immunsuppression seien ein kompetentes multidisziplinäres Team und ein aktives Monitoringprogramm; kontrollierte Studien wären dringend erforderlich. „Die Durchführung ist knifflig“, so Prof. Obeid, aber mit Geduld und wissenschaftlicher Akribie kann man sie erfolgreich gestalten.

Quelle:
Obeid M. European Lung Cancer Congress 2024; Vortrag „Using immunotherapy with immunosuppression?“