Typ-1-Diabetes Hausarzt statt Diabetologe
Zwischen 1999 und 2019 hat das Forscherteam um Privatdozent Dr. Roland Schweizer einmal jährlich 224 junge Patienten mit Typ-1-Diabetes u.a. zum HbA1c-Wert und der aktuellen Betreuungssituation befragt (Haus- oder Facharzt). Insgesamt antworteten 84,8 % mindestens einmal innerhalb der 20 Jahre, berichtete der Pädiater vom Universitätsklinikum Tübingen.
Junge Patienten fühlen sich in Spezialpraxen nicht so wohl
Beim Übergang von der Kinder- in die „Erwachsenenmedizin“ hatten die Befragten im Schnitt schon seit 11,3 Jahren ihren Diabetes und waren etwas über 21 Jahre alt. „Danach wechseln 41,2 % noch mindestens einmal ihre Betreuung“, so Dr. Schweizer weiter. Zwei Jahre nach dem Übergang befanden sich 91 % in fachdiabetologischer Hand.
„Es zeigte sich allerdings ein Trend, diese Betreuung zugunsten der hausärztlichen zu verlassen.“ So nahm die Rate derer, die in diabetologischen Praxen betreut wurden, leicht ab: auf 85,9 % nach fünf Jahren, 82,3 % nach zehn Jahren und 78,3 % nach 15 Jahren. Patienten in Behandlung von geschulten Diabetesteams hatten nach 15 Jahren tendenziell eine bessere Stoffwechsellage als Personen, die sich von einem Hausarzt betreuen ließen. Zudem wiesen sie im gesamten Beobachtungszeitraum ein signifikant besseres HbA1c auf.
„Nicht alle jungen Erwachsenen möchten von Fachdiabetologen betreut werden“, schloss Dr. Schweizer aus den Daten. „Obwohl die fachspezifische Betreuung auch nach Transfer empfohlen wird.“ Auf die Frage, ob diesem Rat mehr folgen würden, wenn es Zentren gäbe, die sich ausschließlich der Betreuung von Patienten mit Typ-1-Diabetes widmen, antwortete er: „Es gibt Anzeichen dafür, dass junge Menschen mit Typ-1-Diabetes sich in Spezialpraxen nicht so wohl fühlen, weil dort überwiegend Patienten mit Typ-2-Diabetes behandelt werden.“
Eine Art, sich weniger mit der Erkrankung zu beschäftigen
Allerdings scheint die typische Klientel einer solchen Einrichtung nicht der einzige Grund, sich eher einer hausärztlichen Betreuung zuzuwenden. „Patienten, die sich lieber an den Hausarzt wenden, sind oft diejenigen, die sich nicht übermäßig mit ihrem Diabetes beschäftigen möchten“, mutmaßt Dr. Schweizer. „Sie kommen dann nur einmal im Quartal in die Praxis, um sich ihre Rezepte abzuholen.“
Quelle: JA-PED 2021*
* Gemeinsame Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie und der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie