Health-Claims-Verordnung: Zu viele haltlose Gesundheitsversprechen bei Lebensmitteln
Zumindest das hat die Health-Claims-Verordnung ziemlich schnell erreicht: Schon kurz nach ihrem Inkrafttreten waren die sogenannten prä- und probiotischen Joghurts aus den Kühlregalen der Supermärkte verschwunden. Und auch Margarine darf schon seit Jahren nicht mehr als cholesterinarm ausgelobt werden.
Denn, so argumentiert die EU-Lebensmittelbehörde EFSA (European Food Safety Authority), die für die „Verordnung (EG) 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln“, auch Health-Claims-Verordnung (HCVO) genannt, verantwortlich zeichnet: Anerkannte wissenschaftliche Belege für die behaupteten positiven Wirkungen von Joghurt und butterähnlichem Streichfett auf die Gesundheit des Konsumenten fehlen.
Es muss genug wirksamer Inhaltsstoff enthalten sein
Solche Nachweise aber müssen die Lebensmittelproduzenten seit dem 1. Juli 2007 sowohl für verpackte als auch für lose Ware vorlegen, wenn sie ihre Produkte mit einem gesundheitlichen Vorteil bewerben wollen. Der Inhaltsstoff, dem der Effekt zugeschrieben wird, muss dabei klar benannt sein. Und er hat in ausreichender Menge und in verwertbarer Form enthalten zu sein. Und all diese Informationen sollen dem Verbraucher so präsentiert werden, dass sie für ihn verständlich sind.
„Kinderwunsch-“ und „Detox-Tee“ nicht zulässig
Das gefällt nicht jedem. Und so landete der Aufdruck „Praebiotik® + Probiotik®“, der für Babynahrung werben sollte, sogar vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Dessen Juristen urteilten: Bei der Bezeichnung handelt es sich im Sinne der HCVO um eine gesundheitsbezogene Aussage ohne Zulassung.
Ähnlich entschied das Landgericht Hamburg am 27. Februar 2018 in anderer Angelegenheit: Einen Tee mit der Aussage „Detox Deine Seele“ zu bewerben ist unlauter, hieß es. Die Werbung ist irreführend und verstößt mangels Zulassung gegen die HCVO. Und ein anderes Produkt darf nicht als „Kinderwunsch-Tee“ bezeichnet werden, solange seine empfängnisfördernde Wirkung nicht belegt ist, lautet ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom Juni 2019.
Das regelt die Health-Claims-Verordnung
Schönheitsversprechen von der Verordnung ausgenommen
Zum Beispiel dürfen eisenhaltige Produkte nach wie vor die Bezeichnung „lernstark“ tragen, wenn sich der Zusatz „Mit Eisen zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ kleingedruckt mit Sternchen an anderer Stelle auf der Packung findet. Hier sahen die Richter einen ausreichenden Bezug zur tatsächlich von der EFSA genehmigten Aussage „Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei“. Als gleichfalls problematisch stufen die Verbraucherschützerinnen die sogenannten Beauty-Claims ein, die von der HCVO ausgenommen sind. In der Praxis, so bemängeln sie, ist es in vielen Fällen schwer abzugrenzen, ob sich eine Werbeaussage etwa zu festen Nägeln oder glänzenden Haaren nur auf die Schönheit oder bereits auf die Gesundheit bezieht.Keine Verordnung ohne Ausnahme
Quelle: Volkhardt I, Bergmann C. Ernährungs Umschau 2020; 6: M344-M354; DOI: 10.4455/eu.2020.030