Herzrhythmusstörungen durch die „Pille“
Frauen weisen im Vergleich zu Männern – vermutlich aufgrund hormoneller Einflüsse – elektrokardiografisch eine Verlängerung der frequenzkorrigierten QT-Zeit (QTc) auf. Sie haben dementsprechend ein höheres Risiko für eine medikamenteninduzierte Torsade-de-Pointes-Tachykardie, erklärt Dr. Joe-Elie Salem vom Centre d‘Investigation Clinique Paris-Est, Hôpital Pitié-Salpêtrière.
Zusammen mit weiteren Kollegen ist er der Frage nachgegangen, in wiefern die Gestagenkomponente verschiedener oraler Kontrazeptiva das Risiko für eine Torsade-de-Pointes-Tachykardie zusätzlich beeinflusst. Hierzu werteten die Wissenschaftler Studiendaten von rund 500 Frauen aus, die sich noch nicht in der Menopause befanden und einmalig eine Dosis Sotalol erhielten. Dieser Wirkstoff begünstigt bekanntermaßen das Auftreten einer Torsade-de-Pointes-Tachykardie. Knapp 60 % der Frauen nahmen zusätzlich ein orales Kontrazeptivum ein. Den Gestagenanteil bildeten hier Levonorgestrel (starke androgene Partialwirkung), Desogestrel bzw. Gestoden (intermediäre androgene Potenz) oder Drospirenon (antiandrogene Wirkung).
Drei Stunden nach der Sotalol-Gabe wiesen die Anwenderinnen der drospirenonhaltigen Pillen im Vergleich zu den Levonorgestrel-Anwenderinnen sowie den Frauen ohne hormonelle Kontrazeptiva eine signifikante Verlängerung der QTc auf. Die Daten der europäischen Pharmakovigilanzbehörde bestätigten diese Ergebnisse: Seit Einrichtung des Registers gingen für drospirenonhaltige Pillen signifikant mehr Meldungen über Herzrhythmusstörungen ein als für levonorgestrelhaltige Pillen.
Kein Rezept ohne Herzaufklärung
Antiandrogen wirksame Gestagene, so das Fazit der Wissenschaftler, scheinen auch bei gesunden Frauen eine medikamenteninduzierte QTc-Verlängerung zu begünstigen. Dies sollte insbesondere bei Frauen mit weiteren Risikofaktoren bei der Verordnung oraler Kontrazeptiva berücksichtigt werden.
Quelle: Salem JE et al. JAMA Cardiol 2018; online first