Senioren Herzschutz als Jungbrunnen

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Langlebigkeit und gesundes Altern werden von der WHO und den Vereinten Nationen als globale Ziele für die Jahre 2021–2030 propagiert. Langlebigkeit und gesundes Altern werden von der WHO und den Vereinten Nationen als globale Ziele für die Jahre 2021–2030 propagiert. © buritora - stock.adobe.com

In Bezug auf eine verlängerte Lebens- und Gesundheitsspanne gibt es bei der kardiovaskulären Prävention noch Luft nach oben. Auch anscheinend Gesunde ab 70 Jahren profitieren nachweislich von Medikamenten und Lebensstilinterventionen. 

Langlebigkeit und gesundes Altern werden von der WHO und den Vereinten Nationen als globale Ziele für die Jahre 2021–2030 propagiert. Die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen mit einem gesunden Lebensstil und Medikamenten kann erheblich dazu beitragen – und möglicherweise sogar den Alterungsprozess bremsen (s. Kasten). Denn zahlreiche Faktoren, die eine Atherosklerose fördern, beeinflussen auch die Seneszenz. 

Fünf Faktoren sind hauptverantwortlich

Derzeit lässt sich die Hälfte aller Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf fünf Faktoren zurückführen: BMI, systolischer Blutdruck, Non-HDL-Cholesterin, Tabakrauch und Diabetes mellitus. Mit Ausnahme des BMI werden die Assoziationen im höheren Alter zwar schwächer, aber die Behandlung bleibt wirksam, betont das Team um Prof. Dr. Ursula Müller-Werdan von der Medizinischen Klinik für Geriatrie und Gerontologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Zudem stehen kardiovaskuläre Risiken vermehrt in einer Art Wettbewerb mit anderen Faktoren. Beispielsweise gibt es Hinweise, dass eine begleitende Gebrechlichkeit die prognostische Bedeutung der „klassischen“ Herzrisiken mindern kann. Nichtsdestotrotz sei ihr Stellenwert hoch.

Die American Heart Association (AHA) hat die acht Punkte für die kardiovaskuläre Gesundheit („Life’s Essential 8“) gezielt für betagte Menschen angepasst. So wird z. B. eine Schlafdauer von 7–9 Stunden empfohlen und von einer intensiven glykämischen Kontrolle abgeraten.  Aus geriatrischer Sicht hält das Autorenteam eine individuelle Nutzen-Risikobewertung der Präventivmaßnahmen vor allem bei hochbetagten und gebrechlichen Menschen für geboten.

Das Altern aufhalten

Die Geroscience sieht das Aufhalten des Alterns selbst als Behandlungsziel. Denn dieser Prozess bildet die Basis für fast alle chronischen Erkrankungen des Erwachsenen. Im Kontext Altern/Alterskrankheiten werden bereits medikamentöse Interventionen mit Metformin oder GLP1-Agonisten in Humanstudien untersucht. Senolytika, die die Apoptose gealterter Zellen fördern, und antiinflammatorische Strategien sind ebenfalls Gegenstand der Forschung. Möglicherweise eignen sich auch eine pflanzliche Kost und einzelne Nahrungskomponenten zur Verlängerung der Lebenszeit.

Das individuelle Herz-Kreislauf-Risiko mutmaßlich gesunder Personen – also ohne manifestes kardiovaskuläres Leiden oder Diabetes – im Alter über 70 Jahren kann mithilfe der SCORE2-OP* ermittelt werden. Aus dem Ergebnis lassen sich klare Behandlungsempfehlungen ableiten. Die Pocket-Leitlinie zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie sieht bei einem SCORE2-OP ≥ 15 % eine Therapie der Risikofaktoren vor. Das beinhaltet auch, eine primärpräventive Gabe von Statinen zu erwägen. 

Was die Blutdruckeinstellung bei über 70-Jährigen angeht, verweisen Prof. Müller-Werdan und ihr Team auf die kürzlich aktualisierte Hypertonie-Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie. Diese enthalte u. a. differenzierte Empfehlungen für Patientinnen und Patienten im Alter von 85 Jahren und darüber.

* Systematic COronary Risk Evaluation – Older Persons

Quelle: Müller-Werdan U et al. Z Gerontol Geriat 2024; 57: 447-451; DOI: 10.1007/s00391-024-02355-8