Lungenembolie Husten als vorherrschendes Symptom führt bei Erstvorstellung häufig in die Irre

Autor: Dr. Susanne Meinrenken

Steckt im Truncus pulmonalis ein Gerinnsel fest, sind die Überlebensaussichten schlecht. Steckt im Truncus pulmonalis ein Gerinnsel fest, sind die Überlebensaussichten schlecht. © freshidea – stock.adobe.com

Eine Lungenembolie wird sowohl in der Notaufnahme als auch beim Hausarzt häufig nicht erkannt. Doch nur bei frühzeitiger Diagnose kann eine Antikoagulation das Sterberisiko senken.

Verursacht eine Lungenembolie eine akute Rechtsherzüberlastung mit Schock, ist die Diagnose in der Regel leicht zu stellen. Häufig jedoch klagen die Patienten über langsam zunehmende, mäßig schwere, unspezifische Beschwerden – mit der Folge, dass die Embolie übersehen wird. 12−36 % der Patienten mit einer Lungenembolie erhalten nach der Erstuntersuchung eine Fehldiagnose, wie Dr. Brandon Maughan von der Oregon Health and Science University in Portland und Kollegen berichten. 

Insbesondere Patienten, die sich in erster Linie wegen Husten vorstellen, älter als 65 Jahre oder mental eingeschränkt sind, haben ein erhöhtes Risiko für eine verzögerte oder falsche Diagnose. Auch Fieber, Hämoptysen oder ein Lungeninfiltrat im Röntgenbild führten in einer retrospektiven Studie vermehrt zu Fehleinschätzungen. Am häufigsten wurde fälschlicherweise ein Atemwegsinfekt, eine Herzinsuffizienz oder eine Exazerbation bei COPD diagnostiziert. Gerade bei Patienten mit chronischen Herz- und Lungenkrankheiten, die sich wegen Husten vorstellen, wird demnach die Differenzialdiagnostik oft zu früh beendet, schreiben Dr. Maughan und Koautoren.

Oft keine Hinweise auf akute tiefe Beinvenenthrombose

Grundsätzlich sprechen folgende anamnestische und klinische Faktoren für eine Lungenembolie: Dyspnoe, kürzlich stattgehabte Operation, vorangegangene tiefe Beinvenenthrombose, Synkope oder eine aktive Krebserkrankung. 40 % der Emboliepatienten weisen diese Risikofaktoren jedoch nicht auf, insbesondere gibt es meist keine Hinweise auf eine akute tiefe Beinvenenthrombose. An eine mögliche Lungenembolie überhaupt zu denken und eine geeignete Diagnostik einzuleiten, stellt somit den wichtigsten Schritt bei der Versorgung dar.

Mit Hilfe von Geneva- oder Wells-Score lassen sich Patienten mit klinisch sehr niedriger Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie von denen mit moderater oder hoher Wahrscheinlichkeit abgrenzen. Bei letzteren erscheint eine Untersuchung der D-Dimere sinnvoll. Zu beachten ist, dass eine vorschnelle weitere Diagnostik zu falsch positiven Ergebnissen führen kann. Angesichts der Risiken einer Antikoagulation sollte eine übereilte Therapieentscheidung vermieden werden. 

Wer klinisch sehr wahrscheinlich eine Lungenembolie hat oder erhöhte D-Dimere aufweist, sollte computertomografisch per pulmonaler Angiografie weiter abgeklärt werden. Mit einem solchen zweistufigen Vorgehen kam es einer Metaanalyse zufolge in deutlich weniger als 1 % der Fälle zu einer Fehldiagnose. 

Die Beurteilung der D-Dimere hat allerdings ihre Tücken. Gerade im Alter steigen die Werte an. Legt man den üblichen Schwellenwert von 500 ng/ml zugrunde, erreicht die Messung bei über 70-Jährigen nur noch eine Spezifität von maximal 25 %. Vor diesem Hintergrund werden inzwischen auch altersadjustierte D-Dimer-Grenzwerte genutzt. 

Risikofaktoren der Embolie

  • Alter ≥ 50 Jahre
  • Herzfrequenz ≥ 100/min
  • Sauerstoffsättigung bei Raumluft < 95 %
  • einseitige Beinschwellung
  • Hämoptyse, Unfall oder Operation im vorangegangenen Monat
  • Östrogeneinnahme
  • stattgehabte Beinvenenthrombose

In der Notfallmedizin gilt eine Lungenembolie oft als wenig wahrscheinlich und der D-Dimer-Test ist verzichtbar, wenn ein Patient entsprechende Risikokriterien nicht erfüllt (s. Kasten). Bestätigt die Bildgebung eine Lungenembolie, richtet sich die Therapie nach der klinischen Situation. Eine systemische Thrombolyse erfolgt typischerweise bei hämodynamisch instabilen Hochrisikopatienten. Bei Kontraindikationen bezüglich der Lyse oder bei Kreislaufversagen sind eher kathetergestützte Interventionen oder eine chirurgische Entfernung des Gerinnsels angezeigt. 

Prüfen, ob eine ambulante Behandlung infrage kommt

Ein moderates bis hohes Risiko haben hämodynamisch stabile Patienten mit gleichzeitiger rechtsventrikulärer Dysfunktion oder anderen Risikofaktoren. Diese sollten stationär antikoaguliert werden. Für Betroffene, die kreislaufstabil sind und weder eine Herzinsuffizienz noch andere Risikofaktoren haben, kommt ggf. eine ambulante Behandlung in Betracht – eine Strategie, die möglicherweise zudem weniger unerwünschte Wirkungen mit sich bringt als ein stationärer Aufenthalt.

Quelle: Maughan BC et al. BMJ 2024; 384: e071662; DOI: 10.1136/bmj-2022-071662