Lungenembolie konservativ oder interventionell behandeln?
Thrombolyse, chirurgische Embolektomie, kathetergestützte Verfahren – es gibt diverse Möglichkeiten, eine schwere akute pulmonale Embolie (PE) zu behandeln. „Am Horizont ist möglicherweise eine Ausweitung der interventionellen Therapie bei Patienten mit hohem, aber insbesondere bei denen mit intermediär-hohem Risiko“, bewertete Professor Dr. Stephan Rosenkranz vom Universitätsklinikum Köln die Datenlage und stellte zwei Devices vor.
Das Indigo-Aspirationssystem zur mechanischen Rekanalisation wurde in der jüngst publizierten EXTRACT-PE-Studie geprüft. Die prospektive einarmige Untersuchung schloss 119 hämodynamisch stabile Patienten mit symptomatischer akuter PE ein, die Zeichen einer Rechtsherzbelastung aufwiesen. Durch die Intervention reduzierte sich die mittlere RV/LV-Ratio – gemessen vor und 48 Stunden nach dem Eingriff – um 27,3 % von 1,47 auf 1,04. Die Teilnehmer verbrachten im Median nur einen Tag auf der Intensivstation bei insgesamt niedriger Komplikationsrate. 1,7 % erlitten allerdings schwerwiegende Komplikationen.
RV/LV-Ratio um 25 % im Durchschnitt gebessert
Ähnliches kam in der FLARE-Studie mit dem FlowTriever heraus. Dieses Device kombiniert ein Aspirationssystem mit „Fangkörben“, die nicht mehr ganz so frische Thromben mechanisch entfernen sollen, erklärte Prof. Rosenkranz. Die Therapie führte zu einer durchschnittlichen Verbesserung der RV/LV-Ratio um 25,1 % (primärer Endpunkt).
Dem Sicherheitsaspekt des FlowTriever-Systems widmet sich das FLASH-Register. Kürzlich vorgestellte Daten daraus zeigen, dass akute schwerwiegende Komplikationen in einer Real-World-Population relativ selten auftreten (bei 3 von 230 Patienten). Zudem bestätigten sich die positiven Effekte auf die Hämodynamik, z.B. indem der rechtsventrikuläre systolische Druck nach der Prozedur deutlich abfiel.
„Also prinzipiell ganz vielversprechende Daten“, fasste der Kollege die Ergebnisse zusammen und ließ direkt ein „aber“ folgen: Es handelt sich um einarmige Analysen mit kleinen Kollektiven und begrenzten Outcomedaten. Zudem bessern sich der klinische Zustand und die RV-Parameter von Lungenemboliepatienten unter konservativer Therapie häufig innerhalb der ersten Stunden, wie Prof. Rosenkranz an einem Beispiel verdeutlichte.
In seiner Klinik wurde bei einem 38-Jährigen eine akute bilaterale zentrale PE festgestellt. Der Troponin-T-Spiegel betrug 0,62 µg/l, die RV/LV-Ratio 1,5 und der Blutdruck 100/60 mmHg. Mit dieser intermediär-hohen Risikokonstellation wäre der Mann möglicherweise ein Kandidat für einen interventionellen Ansatz, erklärte der Kardiologe. Um den Zustand zu normalisieren, genügte in diesem Fall jedoch eine simple Antikoagulation. „Wir haben die Nerven behalten und sahen ähnlich wie in den Studien eine Verbesserung der RV/LV-Ratio auf 0,9.“
Die Indikation für einen Kathetereingriff muss streng gestellt werden. „Solange ein Patient hämodynamisch stabil ist, die Diagnose steht und er eine Antikoagulation bekommt, haben wir eigentlich Zeit“, betonte Prof. Rosenkranz. Als sinnvoll erachtet er interventionelle Verfahren erst, wenn die Rechtsherzbelastung trotz Gerinnungshemmung fortbesteht.
Grundsätzlich kommen aggressivere Behandlungsregimes (Lyse, Operation, Katheter) bei anhaltenden Symptomen, persistierender kardialer Beanspruchung und zunehmender bzw. manifester Instabilität infrage, heißt es im begleitenden Skript zum Vortrag. Speziell die interventionellen Optionen müssen in kontrollierten klinischen Studien zunächst noch mit dem Standardvorgehen verglichen werden, bevor sie sich im Alltag etablieren können.
Kongressbericht: 16. DGK-Kardiologie-Update-Seminar (Online-Veranstaltung)