Adipositas-Bericht Alarmierende Daten, aber auch Lösungsvorschläge

Autor: Gregor Hess

Starkes Übergewicht droht Haupt-Risiko­faktor für Krebs in Europa zu werden. (Agenturfoto) Starkes Übergewicht droht Haupt-Risiko­faktor für Krebs in Europa zu werden. (Agenturfoto) © kues1 – stock.adobe.com

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat einen aktuellen Bericht zur Adipositas-Situation in Europa veröffentlicht.

Fast zwei Drittel (59 %) der Erwachsenen und ein Drittel der Kinder (29 % der Jungen und 27 % der Mädchen) in Europa sind übergewichtig oder adipös. Das geht aus dem European Regional Obesity Report 2022 der WHO hervor. Mehr Männer (63 %) sind übergewichtig als Frauen (54 %), während die Adipositas bei Frauen (24 %) weiter verbreitet ist als bei Männern (22 %).

Die höchste Adipositasprävalenz weisen die Türkei, Malta, Israel und das Vereinigte Königreich auf, eine Zunahme ist aber in allen 53 Ländern dieser WHO-Region zu beobachten. Sie verzeichnet damit nach der Region Amerika global die zweithöchste Prävalenz. „In Europa [...] wird kein einziges Land das globale Ziel der WHO erreichen, den Anstieg der Adipositas bis 2025 zu stoppen“, kommentierte Dr. Hans Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, die Zahlen.

Adipositas droht Hauptrisiko­faktor für Krebs zu werden

Adipositas ist dem Bericht zufolge Ursache für 13 verschiedene Krebsarten. Für einige Länder der Region wird prognostiziert, dass sie sogar das Rauchen als Hauptrisikofaktor für vermeidbare Krebserkrankungen ablösen wird. Zudem betonen die Autor*innen, dass Adipositas nicht nur Risikofaktor für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Typ-2-Diabetes und andere nicht übertragbare Krankheiten ist, sondern als eigenständige Krankheit angesehen und gezielt vorgebeugt und behandelt werden muss.

Auch die COVID-19-Pandemie habe die gesundheitliche Gefahr durch starkes Übergewicht verdeutlicht, denn bei adipösen Patienten*innen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie einen schweren Verlauf haben und an dem Virus sterben. Gleichzeitige habe die Pandemie die Entstehung von Adipositas begünstigt: „Vorläufige Daten deuten auch darauf hin, dass die Menschen während der aktuellen Pandemie vermehrt Risikofaktoren für Adipositas ausgesetzt waren, einschließlich einer Zunahme der sitzenden Lebensweise und des Verzehrs von ungesunden Lebensmitteln“, heißt es in dem Bericht.

Strukturelle Maßnahmen gegen ungesunden Lebensstil

Um der Entwicklung entgegenzuwirken, empfehlen die WHO-Expert*innen strukturelle Maßnahmen auf politischer Ebene: „Fettleibigkeit wird von der Umwelt beeinflusst, daher ist es wichtig, dieses Problem aus der Perspektive aller Lebensabschnitte zu betrachten. So wird z. B. das Leben von Kindern und Jugendlichen durch das digitale Umfeld, einschließlich der Vermarktung ungesunder Lebensmittel und Getränke, beeinflusst“, sagte Dr. Kremlin Wickramasinghe, Leiter des europäischen WHO-Büros für Prävention und Bekämpfung von nichtübertragbaren Krankheiten, bei der Präsentation des Berichts.

„Die Beschränkung der Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder, die Besteuerung zuckergesüßter Getränke und die Verbesserung der Maßnahmen des Gesundheitssystems zur Bekämpfung der Adipositas gehören derzeit zu den am intensivsten diskutierten Politikbereichen in der WHO-Region Europa“, so Wickramasinghe weiter. Andere Maßnahmen, die sich als vielversprechend erwiesen haben, sind die Verbesserung des Zugangs zur Behandlung des Übergewichts in der primären Gesundheitsversorgung, die Förderung des Stillens und schulische Interventionen. Weitere Vorschläge sind die Verbesserung der Qualität von Parks und Spielplätzen sowie die Bereitstellung einer angemessenen Verkehrsinfrastruktur, um einen aktiven Lebensstil zu fördern.