Physiotherapie Je stärker der Schmerz, desto eher ein Nutzen
Die Wissenschaftler werteten Daten von mehr als 4.000 Patienten mit Hüft- und/oder Kniegelenksarthrose aus. Sie untersuchten die Wirkung von krankengymnastischen Bemühungen im Vergleich zu keiner bzw. einer andersartigen Therapie auf die Schmerzintensität sowie auf die physische Funktionsfähigkeit der Gelenke. Die Angaben der Arthrosepatienten aus den einzelnen Studien wurden auf einer 100-stufigen Skala standardisiert. Die Zahl 100 bedeutete „schlimmste Schmerzen“ bzw. „schlechteste physische Funktion“. Die Bewertung erfolgte jeweils nach drei, sechs und zwölf Monaten.
Gegenüber Kontrollen, die keinerlei professionelles Bewegungstraining absolvierten, ließ sich durch Physiotherapie eine leichte allgemeine Verbesserung des Schmerzscores und der Gelenkfunktion erreichen. Die Wirkung zeigte sich v.a. kurzfristig: Nach drei Monaten betrug die Differenz beim Schmerzwert im Mittel -6,4 und bei der Gelenkfunktion -4,5 Punkte zugunsten der Physiotherapie. Mittel- und langfristig schien der Effekt jedoch immer geringer zu werden, der Unterschied belief sich ausnahmslos auf weniger als 4 Punkte. Somit stuften die Forscher die klinische Relevanz der Übungen als fraglich ein.
Die Ergebnisse zeigten allerdings, dass bestimmte Patienten mehr von einer Physiotherapie profitierten als andere: Je höher die Ausgangswerte auf der Skala gewesen waren, (d.h. je schlechter die physische Funktion und je größer die Schmerzen), desto stärker war meist der positive Effekt.
Indikation zur Physio individuell stellen
Andere Faktoren wie Alter, Body-Mass-Index, Gelenkstruktur oder körperliche Fitness schienen keinen Einfluss zu haben. Die Ergebnisse ihrer Studie legen nahe, schließen die Autoren, den Fokus vermehrt auf Patienten mit starken Schmerzen und deutlichen Einschränkungen zu legen, wenn es um die Frage nach einer Physiotherapie gehe.
Quelle: Holden MA et al. Lancet Rheumatol 2023; 5: e363-e426; DOI: 10.1016/S2665-9913(23)00122-4