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Ernährung im Alter Keine Umpolungsversuche!

DGIM 2024 Autor: Dr. Anna-Lena Krause

Die Ernährung von Senioren sollte möglichst dazu beitragen, die Gebrechlichkeit zu reduzieren. Die Ernährung von Senioren sollte möglichst dazu beitragen, die Gebrechlichkeit zu reduzieren. © Drazen – stock.adobe.com
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Ein Universalrezept für die ideale Ernährung im Alter gibt es nicht. Vielmehr sind zahlreiche individuelle Faktoren zu berücksichtigen, darunter persönliche Vorlieben und der Zustand des Gebisses.

Im Alter lässt häufig die Achtsamkeit für eine ausgewogene Ernährungsweise nach, während die Fremdbestimmung zunimmt. Viele Angehörige klagen über die Qualität der Speisen, die in Pflegeheimen angeliefert werden, stellte Dr. Rainer Stange, Immanuel Krankenhaus Berlin, fest. Hinzu kämen bei einigen Senioren finanzielle Probleme.

Bei aller Fremdbestimmtheit von Speisezettel und Mahlzeiten sollten unbedingt die persönlichen Präferenzen berücksichtigt werden. „Essen muss Spaß machen!“, betonte der Experte für Naturheilkunde. Dies sei bei Betagten umso wichtiger, da es im Alter häufig zu psychischen Veränderungen komme. Beharrlichkeit und das Denken in alten Mustern nehme zu. Unbedingt vermeiden sollte man deshalb „Umpolungsversuche“. Eine Quinoa-Bowl mag zwar gesünder sein als das, was seit Jahren auf den Tisch kommt. Aber letztlich kommt es darauf an, was gern gegessen wird. Diesen Aspekt sollten Ärzte im Gespräch mit den Angehörigen immer thematisieren

Der Energiebedarf richtet sich nach dem Aktivitätslevel und dem BMI. Sportliche Ältere benötigen bis zu doppelt so viele Kalorien wie bettlägerige. Beim BMI ist zu beachten, dass sich der Optimalbereich mit den Jahren nach oben verschiebt (siehe Tabelle). Während er bei jüngeren Erwachsenen zwischen 20 und 25 kg/m2 liegt, sind es ab 65 Jahre 25–30 kg/m2. Bei Betagten ist Untergewicht ein größeres Problem als Übergewicht, die Grenze liegt etwa bei 24 kg/m2. Allerdings lässt sich das nicht immer lösen: „Wer sein Leben lang schlank war, den bekommt man auch im Alter kaum dicker“, gab der Referent zu bedenken.

Einteilung des BMI für über 65-Jährige

< 20 kg/m2

Mangelernährung

20–24 kg/m2

überwachungsbedürftig

25–30 kg/m2

optimal

> 30 kg/m2

Adipositas

Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Ernährung im Alter ist der Zustand der Zähne. Geriatrische Patienten gehen tendenziell seltener zum Zahnarzt und greifen bei Kauproblemen vermehrt zu den auch in Pflegeheimen sehr beliebten zuckrigen Joghurts. Diese wiederum verschlechtern die dentale Gesundheit weiter – ein Teufelskreis. Besser wäre es, Menüs oder Früchte mit Gemüse zu pürieren, z.B. mit einem Smoothie-Maker. Die Geräte haben den Vorteil, dass sie die Inhaltsstoffe kaum zerstören. Alternativ gibt es Fertigbreis für Erwachsene zu kaufen. Nüsse können in gemahlener Form angeboten werden.

Die Ernährung sollte möglichst dazu beitragen, die Gebrechlichkeit zu reduzieren. Aus einer großen epidemiologischen Studie geht hervor, dass dies am ehesten mit viel frischem Obst und Gemüse, einem häufigen Verzehr von Nüssen und einem geringen Fleischkonsum gelingt. Vegetabile Frischkost beugt darüber hinaus einem Vitamin-C-Mangel vor, der bei vielen Älteren vorliegt. 

Mit einer besonders eiweißreichen Kost ließ sich in wissenschaftlichen Untersuchungen bezüglich der Muskelkraft nicht viel ausrichten. Die Supplementierung mit Molkenprotein (15 g/d) oder einem Konzentrat essenzieller Aminosäuren (12 g/d) hingegen bewirkte eine deutliche Verlängerung der Gehstrecke. Teilnehmer, deren Speisezettel um das Aminosäurekonzentrat ergänzt wurde, kamen nach zwölf Wochen ca. 40 m weiter als zu Studienbeginn. Interessanterweise scheinen Aminosäuren Muskeln nicht nur durch anabole Effekte aufzubauen. Man vermutet, dass Leucin einen direkten pharmakologischen Effekt auf Muskeln haben könnte.

Quelle: 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin