Kicken, Springen und Drehbewegungen können zu Leistenschmerzen führen
Jung, gesund, sportlich – die meisten Ihrer Patienten würden Sie vermutlich nicht so beschreiben. Nun kommt ein Mann Anfang 30 zu Ihnen in die Sprechstunde und klagt über regelmäßige Schmerzen in der Leistengegend. Vor allem nach dem Fußballtraining und morgens beim Aufstehen zwickt es. Diese wenigen Angaben reichen Ihnen, um das Problem einzugrenzen. Bleibt die Frage: Sportlerleiste oder Hernie?
Als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal nennen die Chirurgin Rachel Rolph vom Guys and St. Thomas NHS Foundation Trust in London und ihre Kollegen die tastbare Beule im Fall einer Hernie, die vor allem beim Husten erkennbar wird. Am besten lässt sich das überprüfen, während der Patient steht. Treibt dieser aktiv Sport, gibt die Disziplin weitere Hinweise: Zu Einrissen in der Falx inguinalis, den Mm. obliqui und dem Leistenband – laut den Autoren die klassische Sportler- oder auch Gilmore-Leiste – kommt es häufig in Sportarten, in denen die Athleten viel springen, sich drehen oder Kickbewegungen ausführen.
Hauptsächlich junge Männer sind betroffen
In den allermeisten Fällen werden Sie es mit jungen Männern Mitte/Ende 20 zu tun haben, die etwa Tennis, Fußball oder Hockey (semi-)professionell betreiben. Aber auch Freizeitsportler kann es erwischen. Wer betroffen ist, klagt über Schmerzen im unteren Abdomen und der Inguinalregion nahe dem Schambeinhügel, die nach Aktivität zunehmen. Einfaches Aufrichten, Husten oder Niesen können die Schmerzen ebenfalls verstärken.
Manchmal strahlen die Beschwerden ins Perineum und den medialen Oberschenkel aus oder kreuzen die Mittellinie. Jeder fünfte Patient hat Probleme auf beiden Seiten, bei jedem dritten ging eine akute Verletzung voraus. Klagt Ihr Patient jedoch über Schmerzen unterhalb des Leistenbandes oder strahlen diese ins Gesäß, sollten Sie an Erkrankungen der Hüftregion denken (s. Kasten) – oder eben an die Hernie.
Wo es sonst noch klemmen kann
- Osteitis pubis
- Adduktorenverletzungen
- pubische Symphysitis
- Stressfraktur z.B. der Schambeinäste
- Verletzungen des Oberschenkels
Quelle: Rolph R et al. BMJ 2020; 368: m559; DOI: 10.1136/bmj.m559