Leistungssport: Stressfrakturen werden oft erst spät erkannt
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Klagt ein sportlich sehr aktiver Patient über Leistenschmerzen, kann die detaillierte Anamnese den entscheidenden Hinweis geben: Hat sich der Umfang des Trainings verändert? Setzt der Trainer seit Kurzem andere Übungsmethoden ein? Fängt der Sportler nach einer längeren Pause gerade wieder mit dem Training an? Ein „Ja“ auf eine oder mehrere dieser Fragen kann auf eine Stressfraktur an Becken oder der unteren Extremität als Auslöser der Schmerzen hinweisen, erklären Dr. Kristina Bath und Ines Steinhagen vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Kinder- und Neuroradiologie der Universitätsmedizin Rostock.
So passiert‘s
Im Gegensatz zu „normalen“ Frakturen, bei denen einmalig massive Gewalt einwirkt, entstehen Stressfrakturen durch anhaltende Überlastungen. Diese kann der Knochen nicht mehr durch ein Remodeling – den An- und Abbau von Knochensubstanz nach Bedarf – ausgleichen. Zunächst entstehen im Innern kleinste Risse, die problemlos heilen, wenn die Belastung aufhört. Hält der Stress auf den Knochen weiter an, breiten sich diese Mikrofrakturen bis hin zum Periost aus, sodass es zum manifesten Bruch kommt.
Betroffene Frauen nach Diäten und Zyklusstörungen fragen
Aber auch eine Gewichtszunahme, ungeeignete Sportschuhe oder Medikamente wie Kortikoide können einen Ermüdungsbruch begünstigen. Bei Frauen empfehlen die Expertinnen außerdem, immer nach Diäten und Zyklusstörungen zu fragen. Denn verringerte Östrogenkonzentrationen vermindern die Knochenmasse und begünstigen damit ebenfalls Brüche. Zur genauen Lokalisation der Fraktur hilft ein Blick auf die ausgeübte Sportart.- Bei Basketballern kommen häufig Stressfrakturen von Kalkaneus, Patella, Femur und Becken vor.
- Bei Läufern kommen eher die Knochen des Unterschenkels und des Mittelfußes infrage.
- Bei Sprungsportarten sind es Os naviculare, Femur und Becken.
MRT macht chronische Überbelastung sichtbar
Sprechen Anamnese und Klinik dennoch für einen Knochenbruch als Ursache, empfehlen die Rostocker Radiologinnen die MRT, die bei diesen Verletzungen den Goldstandard darstelle. Sie ermögliche es, schon vor dem Bruch der Kortikalis ein Knochenmarködem und damit die chronische Überbelastung zu erkennen. Dann könne die schnelle Diagnosestellung die Trainingsauszeit für den Sportler verkürzen.Quelle: Bath K, Steinhagen I. Radiologie 2019; 59: 204-211