Bei Verdacht zur MRT Stressfraktur bedroht Sportkarriere
Knöcherne Stressverletzungen beruhen auf Überlastungen und sind bei Athleten weit verbreitet. Insbesondere Sportarten, die mit hohen repetitiven Bewegungen einhergehen, ziehen nicht selten Stressreaktionen nach sich. Diese treten vor allem im unteren Rückenbereich und an den unteren Extremitäten auf, werden aber je nach sportspezifischer Belastung auch an Oberarm, Olekranon, Hand oder Rippen beobachtet. Frauen sind anfälliger als Männer, schreiben Dr. Tim Hoenig vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Kollegen.
Wie es zu den Stressreaktionen des Knochens kommt, ist derzeit noch nicht vollständig geklärt. Angenommen wird ein Missverhältnis zwischen lokalisierten belastungsinduzierten Mikroschäden und deren Beseitigung bzw. Ersatz durch das körpereigene Reparatursystem.
Es gibt verschiedene Risikofaktoren für die Entwicklung der Knochenschäden. Beispielsweise treten Überlastungsverletzungen häufig dann auf, wenn der Athlet sein sportliches Pensum erhöht oder er nach einer Pause das Training wieder aufnimmt. Auch eine verminderte Kalorienzufuhr bei gleichzeitig gesteigertem Energiebedarf sowie eine schlechte Versorgung mit Vitamin D und Kalzium begünstigen Stressfrakturen. Bestimmte Medikamente, Schlafstörungen und eine beeinträchtigte Knochenmikroarchitektur erhöhen ebenfalls die Gefahr.
Klassischer Fall: Schmerzen am Schienbein beim Laufen
Bei Sportlern sollte differenzialdiagnostisch immer an eine knöcherne Stressreaktion gedacht werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sie dafür prädestinierende Sportarten betreiben und über Schmerzen an typischen Lokalisationen (z.B. Schienbein bei Läufern, fünfter Mittelfußknochen bei Basketballspielern) klagen. Haben Athleten kürzlich ihr Trainingsvolumen oder ihre Trainingsintensität erhöht, geben sie anamnestisch knöcherne Stressverletzungen an oder weisen sie Zeichen eines RED-S (Relatives Energiedefizit im Sport) auf, sollte man ebenfalls hellhörig werden, raten Dr. Hoenig und seine Kollegen.
Via Palpation lässt sich häufig eine lokale Schmerzreaktion auslösen. Zudem kann eine Schwellung bestehen. Die Schmerzen werden als persistierend beschrieben oder nehmen bei fortgesetzter sportlicher Aktivität zu.
Als erstes bildgebendes Verfahren kommt das Röntgen zum Einsatz. Allerdings hat es eine geringe Sensitivität und ist häufig unauffällig. Lediglich ausgeprägtere Verletzungen mit einer Frakturlinie oder eine Kallusbildung nach Abheilen einer schweren Stressverletzung sind auf der Röntgennativaufnahme sichtbar.
Es ist wichtig, eine knöcherne Stressverletzung möglichst frühzeitig zu erfassen, da eine verzögerte Diagnosestellung für den Patienten gravierende Folgen haben kann. In vielen Fällen ist es deshalb ratsam, eine Magnetresonanztomografie durchzuführen. Sie weist eine hohe Sensitivität und Spezifität auf, schreiben Dr. Hoenig und seine Kollegen. Mit ihr könne man beispielsweise auch ein Knochenödem mit angrenzenden periostalen oder Weichteilreaktionen aufdecken und – wie beim Röntgen – bei hochgradiger Verletzung eine Frakturlinie nachweisen.
Anpassung der sportlichen Belastung kann ausreichen
Das Management von knöchernen Stressverletzungen richtet sich nach deren Lokalisation und Schweregrad. Als Low-risk-Verletzungen gelten u.a. Läsionen im Bereich des posteromedialen Tibiaschafts, der Fibula, des Beckenrings und des ersten bis vierten Metatarsalschafts. Sie heilen oft schon dadurch aus, dass der Patient seine sportlichen Aktivitäten anpasst. Bereitet das Gehen Schmerzen, empfehlen die Autoren eine Teilbelastung. Hilfreich sind in diesem Fall Unterarmgehstützen.
High-risk-Läsionen z.B. in Oberschenkelhals, vorderem Tibiaschaft, Innenknöchel oder in der Basis des zweiten oder fünften Mittelfußknochens erfordern dagegen gravierendere Einschränkungen. In vielen Fällen ist eine Immobilisierung oder zumindest eine deutliche Reduktion der sportlichen Aktivität angezeigt. Ein chirurgisches Eingreifen kann ebenfalls indiziert sein, um das Risiko einer kompleten Fraktur zu reduzieren. An die Initialbehandlung schließt sich die Rehabilitationsphase an. Für sie sollte ein Plan erstellt werden, damit eine sichere und schmerzfreie sportliche Reintegration des Athleten gelingt.
Quelle: Hoenig T et al. Dtsch Z Sportmed 2023; 74: 47-51; DOI: 10.5960/dzsm.2023.555