Klassifikation des SLE – so spezifisch sind Antikörper, Komplement und Delir
Ziel der neuen EULAR/ACR-Klassifikation des systemischen Lupus erythematodes (SLE) war, im Vergleich zu den vorherigen Klassifikationen von ACR und SLICC* Sensitivität und Spezifität zu verbessern – und das ist bekanntermaßen gelungen. Doch bei der Gesamtbewertung einer Klassifikation hat auch jedes einzelne Merkmal Bedeutung. Deshalb untersuchten Professor Dr. Martin Aringer, Medizinische Klinik III am Universitätsklinikum Dresden, und Kollegen, wie genau die Einzelkriterien der neuen Klassifikation die Erkrankung erkennen bzw. ausschließen. Außerdem analysierten sie, ob und wie stark eine neu formulierte Regel die Ergebnisse beeinflusst. Diese sieht vor, dass Kriterien nur dann berücksichtigt werden, wenn es dafür keine bessere Erklärung als einen systemischen Lupus erythematodes gibt.
Die Forscher analysierten die Daten von 1197 Lupuspatienten und 1074 Patienten mit lupusähnlichen Erkrankungen und berechneten daraus die beiden statistischen Maße für die antinukleären Antikörper (ANA) und die 23 spezifischen Klassifikationskriterien.
ANA bewähren sich als Eingangskriterium
In der neuen Klassifikation sind die Antikörper aufgrund ihrer hohen Sensitivität von über 99 % und einer Spezifität von < 20 % vom spezifischen zum Eingangskriterium hochgestuft worden.
Erwartungsgemäß verbesserte diese Aufwertung die Genauigkeit im Krankheitsausschluss erheblich, erklären die Autoren. Alle anderen Merkmale wiesen eine hohe Spezifität von über 80 % auf. Die Schlusslichter bildeten C3- oder C4-Verminderung, Leukopenie und positive Antiphospholipid-Antikörper mit 83,0 %, 83,8 % resp. 87,7 %. Dies passt insofern, als dass man diese Parameter von vornherein weniger stark gewichtet hatte.
Im Gegensatz zur Spezifität waren die Sensitivitäten der einzelnen Parameter breiter gestreut. Ohne Berücksichtigung des Eingangskriteriums ANA reichten sie von 75,6 % bei den Anti-ds-DNA-Antikörpern bis zu 0,42 % für das Delir.
Der Vergleich der Kriterien-Spezifität der drei Klassifikationen untereinander gestaltete sich schwierig, weil in der aktuellen Skala einige Merkmale neu hinzukamen und andere verschiedene Definitionen hatten. Er gelang allerdings beim Merkmal Arthritis. Sie zeigte sich in der jetzigen EULAR/ACR-Einordnung mit 90,9 % spezifischer als in der von ACR (37 %) und SLICC (43,6 %).
Neue Vorschrift verbessert Spezifitäten
Einen großen Einfluss auf die Spezifität von Kriterien hatte die abgeänderte Regel, diese nur dann zu berücksichtigen, wenn es dafür keine bessere Erklärung als einen SLE gibt. Das zeigt sich besonders am Beispiel Arthritis: Mit ihrer Anwendung ließ sie die Spezifität des Kriteriums Arthritis von 57,6 % auf 90,9 % steigern, denn oft war eine gleichzeitige rheumatoide Arthritis wahrscheinlicher als Ursache. Einen ähnlichen Einfluss hatte die Vorschrift bei den Merkmalen Fieber, Proteinurie und orale Ulzera. In den früheren Klassifikationen gab es zwar bereits solche Ausschlüsse, sie waren aber genauestens definiert und kamen deshalb seltener zum Tragen.
23 Kriterien für die Diagnose
Der Wechsel der ANA zum Eingangsparameter und das Anwenden der neuen Regel haben Spezifität und Sensitivität der EULAR/ACR-SLE-Klassifikation im Vergleich zu den ACR-Kennzeichen deutlich verbessert, schreiben die Autoren. Für die Praxis heißt das, dass ANA gut geeignet sind zum Screening, nicht aber zur Diagnose. Beim weiteren diagnostischen Prozess kommt dann den 23 spezifischen Kriterien eine wichtige Aufgabe zu.
* Systemic Lupus Erythematodus International Collaborating Clinics
Quelle: Aringer M et al. Ann Rheum Dis 2021; 0: 1-7; DOI: 10.1136/annrheumdis-2020-219373 7