Antikoagulation nach Vorhofflimmern Komorbide Herzschwäche bei Vorhofflimmern mehr berücksichtigen

Autor: Dr. Susanne Meinrenken

Wieso es sinnvoll ist, eine Herzinsuffizienz als potenziellen Risikofaktor für eine Hämorrhagie in Erwägung zu ziehen. Wieso es sinnvoll ist, eine Herzinsuffizienz als potenziellen Risikofaktor für eine Hämorrhagie in Erwägung zu ziehen. © NAKHARIN – stock.adobe.com

Bei Vorhofflimmern und komorbider Herzinsuffizienz ist das Blutungsrisiko im Rahmen einer Antikagulation deutlich erhöht. Die gängigen Risikoscores könnten die Gefahr somit unterschätzen.

Vor Beginn jeder Antikoagulation muss das Blutungsrisiko eingeschätzt werden. In den entsprechenden Scores, die bei Vorhofflimmern (VHF) zum Einsatz kommen, fehlt allerdings die Herzinsuffizienz als potenzieller Risikofaktor für eine Hämorrhagie. Zu unklar ist der Stellenwert der Herzschwäche in diesem Kontext bislang, schreiben Dr. Nicholas Jones vom Nuffield Department of Primary Health Sciences der Universität Oxford und Team.

Die Forschenden werteten deshalb die Daten von mehr als zwei Millionen Patientinnen und Patienten in England aus. Hierfür nutzten sie den Clinical Practise Research Datalink und betrachteten die Jahre 2000 bis 2018. Ausgeschlossen wurden Personen mit Schlaganfall oder schwerer Blutung in der Vorgeschichte. Das mittlere Alter lag bei 56,6 Jahren.

Im Verlauf des medianen Follow-ups von 7,56 Jahren erhielten 126.251 Teilnehmende die Diagnose Vorhofflimmern, weitere 60.270 entwickelten sowohl ein VHF als auch eine Herzinsuffizienz. In den beiden Gruppen erlitten 6,4 % bzw. 8,3 % eine schwerwiegende Hämorrhagie, 27,2 % bzw. 60 % starben. Etwa drei Viertel aller Patientinnen und Patienten wurde mit Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmern behandelt.

Wer Arrhythmie und Herzschwäche gemeinsam aufwies, unterlag gemäß einer adjustierten Berechnung einem deutlich höheren Blutungsrisiko als diejenigen mit alleinigem VHF (Hazard Ratio, HR 2,52 vs. 1,87). Das galt auch in der Subgruppe der Betroffenen, die einen Gerinnungshemmer einnahmen. Eine zusätzlich durchgeführte statistische Analyse berücksichtigte den Aspekt, dass Personen mit VHF und Herzinsuffizienz eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, zu sterben, als eine Hämorrhagie zu erleiden. In diesem kompetitiven Risikomodell ergab sich für beide Patientengruppen eine ähnlich hohe Blutungsgefahr (HR 1,71 bzw. 1,82).

Nichtsdestotrotz könnte das Hämorrhagierisiko bei komorbider Herzinsuffizienz in aktuellen Scores unterschätzt werden, so das Autorenteam. Ärztinnen und Ärzte sollten von einem erhöhten Risiko ausgehen. Darüber hinaus gelte es, die individuelle Lebenserwartung einzukalkulieren.

Quelle: Jones NR et al. Open Heart 2024; 11: e002975; doi: 10.1136/openhrt-2024-002975