Kreuzreaktivität: Genaue Allergiediagnostik gelingt nur molekular
Proteine spielen bei Sensibilisierungen eine große Rolle. „Wir müssen weg davon, die Verwandtschaft von Pflanzen – z.B. Birke, Hasel, Erle – diagnostisch zu nutzen, sondern sollten die ihrer Proteine betrachten“, erklärte Professor Dr. Thilo Jakob von der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Gießen. Denn eine hohe Sequenzidentität bedeutet eine große Kreuzreaktivität. Beispiel: Profiline. Sie sorgen sowohl für Kreuzreaktionen zwischen Pollen unterschiedlicher Pflanzenarten als auch zwischen Pflanzen und Nahrungsmitteln. Außerdem haben sie viele Strukturhomologien mit Polcalcinen aus Gräsern.
Ein weiteres Beispiel sind die PR-10-Proteine, zu denen das Majorallergen der Birke, das Bet v1, gehört. Proteine aus der Bet-v1-Familie finden sich z.B. auch in Apfel, Karotte, Sellerie, Kiwi, Erdnuss und Kirsche.
„Um eine genuine Allergie von einer Kreuzreaktion abzugrenzen, muss man das Markerallergen identifizieren“, betonte der Referent. Das gelingt nur molekulardiagnostisch. „Wenn wir dieses Allergen nicht finden, sollten wir nicht desensibilisieren“, so Prof. Jakob. Denn je mehr Kreuzreaktionen Anteil an den Symptomen haben, umso schlechter sind die Erfolgsaussichten einer Immuntherapie.
Selektionsvorteil durch spezifisches IgE vermutet
Genuine Erdnussallergie oder birkenpollenassoziierte?
Auch bei den gefürchteten Erdnuss- und Insektengiftallergien gilt es, genau zu differenzieren. Viele vermeintliche Erdnussallergiker haben eine isolierte Sensibilisierung auf Ara h8, das Bet-v1-Homolog der Hülsenfrucht – also eine birkenpollenassoziierte Erdnusssensibilisierung, keine genuine. Eine Studie an 144 Kindern zeigte, dass man bei dieser Form entweder mit gar keinen Beschwerden oder einem milden oralen Allergiesyndrom nach Exposition rechnen kann. Ein erhöhtes Risiko für systemische Reaktionen besteht nicht. Bei Hymenopteren geht es vor einer Immuntherapie meist darum, herauszufinden, ob eine echte Doppelallergie gegen Bienen- und Wespengift vorliegt oder aber eine Doppelpositivität durch Kreuzreaktionen. Das gelingt ebenfalls nur über eine molekulare Allergiediagnostik.Quelle: Allergologie im Kloster 2020