Modifizierte Baveno-Klassifikation Kriterien für OSA-Therapie geschärft

DGP-Kongress 2024 Autor: Friederike Klein

Kontrolluntersuchungen nach ein bis zwei Jahren belegten, dass Patienten mit eingangs intermediärer und starker Therapieindikation signifikant weniger tagesschläfrig waren. Kontrolluntersuchungen nach ein bis zwei Jahren belegten, dass Patienten mit eingangs intermediärer und starker Therapieindikation signifikant weniger tagesschläfrig waren. © Kawee - stock.adobe.com

Berichten Patienten von Symptomen, die für eine OSA sprechen, wird die Therapieindikation großzügig gestellt. Eine überarbeitete Version der Baveno-Klassifikation könnte helfen, diejenigen zu identifizieren, die tatsächlich Vorteile aus der Behandlung ziehen.

Bislang setzte die Baveno-Klassifikation der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) einen Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) von ≥ 5/h voraus. Für die weitere Risikoeinstufung und damit die Therapieindikation spielte der AHI allerdings keine Rolle, entscheidend waren OSA-Symptome und Endorganschäden. Doch gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass sowohl der AHI als auch insbesondere kardiovaskuläre Komorbiditäten prognostisch besonders relevant sind, weshalb sie bei der Behandlungsindikation berücksichtigt werden sollten, erläuterte Dr. Sandhya  Matthes vom Krankenhaus Bethanien in Solingen. 

Ein aktueller Vorschlag zur Modifikation der Baveno-Klassifikation greift diese Kriterien auf. Darin wird zwischen einem AHI < 30/h und ≥ 30/h unterschieden. Ein AHI ≥ 30/h stellt immer eine Therapieindikation dar – unabhängig vom individuellen kardiovaskulären Risiko und den für eine OSA typischen Symptomen. Bei einem AHI < 30/h ist neben der OSA-Symptomatik vor allem das CV-Risiko ausschlaggebend dafür, ob eine Therapie empfohlen wird oder nicht. 

OSA-Symptome werden nach wie vor definiert durch einen Wert ≥ 11 gemäß Epworth Sleepiness Scale (ESS) und/oder Schlaflosigkeit und/oder Hypersomnie. Das kardiovaskuläre Risiko hingegen ist nun unterteilt: Angelehnt an die Definition der European Society of Cardiology lässt es sich nach Alter, Rauchen, Blutfettwerten, Geschlecht, Herkunft und bereits bestehenden oder durchgemachten kardiovaskulären Erkrankungen als niedrig, hoch oder sehr hoch einstufen. Für Patienten der höchsten Stufe 3 ist in jedem Fall eine OSA-Therapie indiziert. Nicht empfohlen wird sie bei einem AHI < 30/h, CV-Stufe 1 und fehlenden OSA-Symptomen. Sind bei derselben Konstellation jedoch Symptome vorhanden oder besteht unabhängig von der Symptomatik ein CV-Risiko Stufe 2, ist die Therapieentscheidung individuell zu treffen.

Die potenziellen Auswirkungen der modifizierten Baveno-Klassifikation wurden in einer noch nicht publizierten retrospektiven Analyse der Daten von 8.625 Patienten aus der European Sleep Apnea Database (ESADA) geprüft. Bei 70 % der OSA-Patienten bestand demnach eine starke Behandlungsindikation, so Dr. Matthes. Nach der bisherigen Baveno-Klassifikation habe der Anteil nur bei etwa 25 % gelegen. Lediglich 6 % der Patienten hätten nach der modizifierten Klassifikation keine Therapie benötigt, bei 24 % bestand eine intermediäre Indikation. Bei 44,6 % der Patienten hätte allein schon ein AHI ≥ 30/h einen dringenden Handlungsbedarf impliziert.

In der klinischen Routine wird bei OSA ohnehin häufig eine Therapieindikation gestellt, berichtete Dr. Matthes. So hätten 99 % der Patienten aus der ESADA-Datenbank, bei denen gemäß modifizierter Baveno-Klassifikation eine starke Therapieindikation bestand, tatsächlich eine CPAP-Therapie erhalten – allerdings auch 52 % ohne Symptome und ohne kardiovaskuläres Risiko.

Kontrolluntersuchungen nach ein bis zwei Jahren belegten, dass Patienten mit eingangs intermediärer und starker Therapieindikation signifikant weniger tagesschläfrig waren. Hatte aufgrund eines hohen AHI oder CV-Risikostufe 3 ein dringender Handlungsbedarf bestanden, zeigte sich nach zwei Jahren gegenüber denjenigen ohne CPAP-Therapie eine Reduktion des AHI (12/h vs. 47/h), des ESS-Werts (7 vs. 10) und des systolischen Blutdrucks (131 mmHg vs. 135 mmHg). Ein positiver Effekt war aber auch bei einem anfänglichen AHI < 30/h, niedrigem kardiovaskulärem Risiko und fehlenden OSA-Symptomen festzustellen. In dieser Gruppe lag der mediane AHI bei 11,6/h vs. 19,8/h und der mediane systolische Blutdruck bei 120 mmHg vs. 130 mmHg, berichtete Dr. Matthes. Das dürfte ihrer Meinung nach zu weiteren Diskussionen führen. Sie kündigte an, dass in einer prospektiven Studie die Relevanz der modifizierten Baveno-Klassifikation im Hinblick auf therapieassoziierte Endpunkte untersucht werde.

Quelle: Kongressbericht, 64. Kongress der DGP*

* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin