Schmerzlösung herbeigesehnt Läsionen der Rotatorenmanschette konservativ oder operativ versorgen?
Die Strukturen der Rotatorenmanschette weisen vor allem bei über 50-Jährigen sehr häufig Schäden auf, in diesem Alter meist degenerativ bedingt. Die Supraspinatussehne trifft es besonders häufig, schreiben Prof. Dr. Daniel Briem vom Schulternetzwerk Hamburg und Kollegen. Typische Beschwerden sind:
- Schmerzen bei der Armabduktion
- nächtliche Schmerzen im Liegen auf dem Schultergelenk
- Kraftverlust beim Versuch der Abduktion („Starterkraft“)
Die degenerative Läsion entsteht infolge einer strukturellen Schädigung auf dem Boden eines funktionell oder anatomisch zu engen Subakromialraums. In mittleren Abduktionsgraden wird die Sehne dann repetitiv mechanisch belastet.
Diagnostisch steht eine MRT im Zentrum. Bewertet werden damit eine mögliche Verfettung des M. supraspinatus, eine Hypotrophierung, der Schweregrad einer sichtbaren Sehnenruptur und der Retraktionsgrad nach Patte.
Grundlage für die Wahl des Therapieverfahrens bilden die Ergebnisse der Bildgebung, aber auch die Genese der Schädigung, das Alter des Patienten, die gewünschte Funktion und der erwartbare Erfolg einer Operation. Eine konservative Behandlung kommt bei kleinen Defekten, vor allem partiellen Läsionen der Supraspinatussehne, infrage. Im Vordergrund stehen eine zielgerichtete Physiotherapie sowie Antiphlogistika.
Auch die Infiltration des Subakromialraums – meist mit Steroiden – spielt eine wichtige Rolle. Von wiederholten Gaben raten die Experten jedoch aufgrund des Risikos von Gewebeschäden ab. Als Alternative kann man Eigenplasma verwenden, das zwar teurer, aber Studien zufolge den Steroiden in dieser Indikation möglicherweise sogar überlegen ist.
Falls kleinere Defekte (< 1 cm) trotz konservativer Therapie weiterhin Symptome verursachen, ist eine OP zu erwägen. Eine operative Rekonstruktion wird zudem bei größeren Defekten vor allem bei jüngeren Patienten mit hohem Funktionsanspruch angestrebt, wenn der Eingriff erfolgversprechend erscheint. Standard ist die arthroskopische, ggf. mehrreihige Fixierung der Sehne. Scheitert der Eingriff oder lässt die Bildgebung bereits im Vorfeld erahnen, dass eine Sehnennaht keinen Erfolg bringen wird, kommen andere Techniken in Betracht. Für jüngere Patienten sind das z.B. Sehnentransferoperationen oder Patchplastiken, bei denen die Sehne bzw. die obere Gelenkkapsel ersetzt werden.
Für Ältere eignen sich diese aufwendigen und nicht immer erfolgreichen Eingriffe weniger; sie profitieren eher vom Einsatz sog. Subakromialballone, die den Sehnendefekt ausfüllen können, oder einer inversen Prothese, bei der die künstliche Kugel auf der Schulterpfanne, nicht auf dem Schaft, sitzt.
Im Hinblick auf die anderen Sehnen gilt: Eine Läsion der Subscapularissehne sollte möglichst rasch operiert werden, da sie im Gegensatz zur Supraspinatussehne bereits innerhalb weniger Wochen retrahieren kann, was die Beweglichkeit deutlich einschränkt. Dieser Defekt ist zudem häufiger traumatisch als degenerativ bedingt. Auch der Infraspinatussehnenläsion älterer Patienten liegt oft ein Trauma zugrunde; meist hat die Supraspinatussehne zuvor bereits einen Defekt. Sie sollte ebenfalls bevorzugt operiert werden, da eine Refixation meist eine deutlich bessere Funktion ermöglicht.
Quelle: Briem D et al. Hamburger Ärzteblatt 2023; 77: 28-29