Stufenmodell in der Palliativversorgung Lebensqualität durch seltenere Arztbesuche nicht geschmälert

Autor: Alexandra Simbrich

Durch das Stepped-Care-Modell verbrachten Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung deutlich weniger Tage im Hospiz. Durch das Stepped-Care-Modell verbrachten Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung deutlich weniger Tage im Hospiz. © Panumas–stock.adobe.com

In vielen Leitlinien wird bei fortgeschrittener Krebserkrankung eine frühzeitige Palliativversorgung empfohlen. Oft hapert es allerdings an der Umsetzung, denn geeignete Fachkräfte sind rar. Hinzu kommt, dass neue Therapieoptionen lebensverlängernd wirken, wodurch potenziell auch die Dauer der Palliativbetreuung zunimmt.

Ein Team um Prof. Dr. Jennifer Temel von der Harvard Medical School in Boston hat daher ein Stepped-Care-Modell entwickelt. Dieses sieht vor, dass Patientinnen und Patienten ihrer individuellen Verfassung entsprechend medizinisch betreut werden, jedoch im Gegensatz zur Standardversorgung nicht starr nach Plan alle vier Wochen Besuch von einem Palliativmediziner erhalten. Vielmehr werden die Betroffenen überwacht und zu einer intensiveren Betreuung mit mehr Besuchen hochgestuft, sobald ihre Lebensqualität abnimmt.

Die Forschenden wiesen 507 Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkarzinom nach dem Zufallsprinzip entweder dem Stepped-Care-Modell oder der frühen Palliativversorgung zu. Das gestufte Modell führte nach 24 Wochen im Schnitt zu deutlich weniger Besuchen als das Standardvorgehen (2,4 vs. 4,7). Die Lebensqualität der Kranken verschlechterte sich dadurch nicht (im Mittel 100,6 vs. 97,8 Punkte im FACT-L*-Score). Auch weitere patientenberichtete Ergebnisse wie depressive Symptome, prognostisches Verständnis und die Kommunikation über die Pflege am Lebensende unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht. Mit dem Stepped-Care-Modell verbrachten Betroffene deutlich weniger Tage im Hospiz als Teilnehmende der Vergleichsgruppe (19,5 vs. 34,6 Tage).

* Functional Assessment of Cancer Therapy –Lung

Quelle: Temel JS et al. JAMA 2024; 332: 471-481; doi: 10.1001/jama.2024.10398