Diastolische Dysfunktion Mach dich locker, Herz!
Eine Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) wird im Wesentlichen über die linksventrikuläre Pumpfunktion diagnostiziert. Im Gegensatz dazu ist die Diagnosestellung bei der Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion („preserved“, HFpEF) deutlich schwieriger. Wichtigste Ursache der Erkrankung ist die gestörte linksventrikuläre Relaxation, auch als diastolische Dysfunktion bezeichnet. Folge ist eine erhöhte Druckbelastung des linken Ventrikels, konsekutiv auch des linken Vorhofs, und der Lungenkapillaren.
Diagnostischer Goldstandard zur Bestimmung der diastolischen Füllungsstörung ist der Einsatz eines speziellen Katheterverfahrens (Konduktanzkatheter). Das Verfahren ist allerdings invasiv und in der Regel schwer verfügbar. Man nähert sich der Diagnose über das Vorliegen des Symptoms Dyspnoe und über die verschiedenen klinische Zeichen eines Volumenüberschusses an, erläutern Daniela Zurkan und Prof. Dr. Frank Edelmann, beide von der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Deutschen Herzzentrum der Charité–Universitätsmedizin Berlin. Als ausgesprochen hilfreich hat sich das klinische Assessment mittels zweier Scores erwiesen.
Während der HFA-PEFF-Score lediglich die Befunde der Echokardiografie mit der Höhe atrialer natriuretischer Peptide kombiniert, schließt der H2FPEF-Score Echobefunde, die An- oder Abwesenheit von Vorhofflimmern, ein Patientenalter von mehr als 60 Jahren und Komorbiditäten wie arterielle Hypertonie oder Adipositas als Kriterien ein. Beide Scores definieren drei Patientenkategorien:
- Bei niedriger Punktzahl ist eine HFpEF unwahrscheinlich, die Differenzialdiagnostik steht im Vordergrund.
- Bei mittleren Punktwerten müssen weitere Belastungstests oder invasive Untersuchungen Klarheit verschaffen.
- Bei hoher Punktzahl gilt die HFpEF als gesichert.
Scores bewerten Arrhythmien unterschiedlich
Ein wesentlicher Teil der Basisdiagnostik ist ein EKG. Häufig fällt ein Vorhofflimmern auf, teils erkennt man Zeichen einer linksventrikulären Hypertrophie. Die Rhythmusstörung ist eines der Kriterien, die im H2FPEF-Score für das Vorliegen einer Herzinsuffizienz sprechen, im HFA-PEFF-Score hingegen wird sie nicht als eigenständige Anforderung gewertet. Allerdings gelten bei Vorhofflimmern höhere Grenzwerte für kardiale Biomarker und Vorhofgröße.
Von besonderer Bedeutung ist die Echokardiografie, um typische Befunde wie eine linksventrikuläre Hypertrophie erheben zu können. Auch die Folgen der diastolischen Füllungsstörung lassen sich mit dem Verfahren darstellen, etwa ein vergrößerter linker Vorhof und die veränderten Flussgeschwindigkeiten über Mitral- oder Trikuspidalklappe. Zudem kann man wichtige Differenzialdiagnosen einer gestörten Herzfunktion abklären. Mittels Echokardiografie lassen sich nicht nur Flussgeschwindigkeiten und die Durchmesser ermitteln, sondern per Gewebedoppler auch die Beweglichkeit des Myokards, die bei diastolischer Dysfunktion gestört ist.
Ein besonders hohes Risiko für eine HFpEF haben Patienten mit Adipositas, Diabetes mellitus, chronischen Nierenerkrankungen, Vorhofflimmern oder arterieller Hypertonie. Bestehen bei einem über 60-Jährigen mit Belastungsdyspnoe sämtliche dieser Diagnosen, liegt – sofern andere Erkrankungen bereits ausgeschlossen wurden – die Wahrscheinlichkeit für eine HFpEF bei über 95 %.
Die erhöhte Volumenbelastung der Vorhöfe spiegelt sich oft laborchemisch in erhöhten Werten für die natriuretischen Peptide wie dem NTproBNP wider. In bestimmten Konstellationen kann aber auch bei normalem NTproBNP eine Herzinsuffizienz vorliegen. Eine Adipositas etwa führt zu falsch-niedrigen Werten, Nierenerkrankungen und Vorhofflimmern können die natriuretischen Peptide ansteigen lassen. In der Regel ist eine HFpEF bei einem NTproBNP ≤ 125 pg/ml unwahrscheinlich. Werte > 125 pg/ml gelten im HFA-PEFF-Score als Minorkriterium, Serumspiegel > 200 pg/ml als Majorkriterium. Bei Vorhofflimmern liegen die Grenzen mit 365 pg/ml bzw. 660 pg/ml höher.
Amyloidose oder hypertroph-obstruktive Kardiomyopathie gehen teils mit ähnlichen Symptomen und Untersuchungsergebnissen wie die HFpEF einher. Gerade bei typischen Befunden wie einer septal-basal betonten Hypertrophie des Myokards sollte man an diese Krankheitsbilder denken – allein schon wegen der abweichenden Therapiekonzepte.
In ausgewählten Patientengruppen, etwa mit mittleren Punktzahlen im H2FPEF- oder HFA-PEFF-Score, ermöglichen erst Belastungstests oder invasives Vorgehen die Diagnose HFpEF. Beispielsweise treten Hinweise auf eine diastolische Dysfunktion unter Umständen erst in einer Stressechokardiografie zutage. Mittels Spiroergometrie erhebt man zwar keinen HFpEF-spezifischen Befund, man kann aber die reduzierte Belastbarkeit objektivieren.
Der sogenannte Konduktanzkatheter ist den Autoren zufolge auch deshalb oft nicht verfügbar, weil es an geschultem Personal fehlt. Alternativ lässt sich bei HFpEF mittels Rechtsherzkatheter ein erhöhter pulmonal-kapillärer Verschlussdruck messen, im Linksherzkatheter ein erhöhter enddiastolischer Druck. So kann man indirekt auf die diastolische Dysfunktion schließen.
Quelle: Zurkan D, Edelmann F. Dtsch Med Wochenschr 2024; 149: 151-156; DOI: 10.1055/a-2047-4979