Gicht oder Pseudogicht? Mimics führen Kalkulator in die Irre
Im Rahmen der Aktualisierung der Gichtleitlinie hat das IQWiG die Testgüte des Kalkulators im Vergleich zum Goldstandard Polarisationsmikroskopie geprüft und dafür die Daten aus fünf Studien herangezogen. Die errechnete Sensitivität war mit etwa 89 % gar nicht so schlecht, meinte Dr. Schneidereit. Die Spezifität lag allerdings nur bei knapp 74 %. Das bedeutet, dass via Kalkulator etlichen Patienten eine Gicht attestiert wird, obwohl sie unter einer anderen Erkrankung leiden.
Umstrittener Gichtkalkulator | |
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Symptom/Eigenschaft | Punkte |
männliches Geschlecht | 2,0 |
frühere anamnestische Arthritiden | 2,0 |
Gelenkrötung | 1,0 |
Beginn < 24 Stunden | 0,5 |
MTP 1 betroffen | 2,5 |
arterielle Hypertonie oder maximal eine kardiovaskuläre Erkrankung | 1,5 |
Harnsäure im Serum > 5,88 mg/dl | 3,5 |
Bei > 8 Punkten soll die Diagnose „Gicht“ klinisch sehr wahrscheinlich sein. |
Welche Krankheiten dahinterstecken können, zeigen zwei der ausgewerteten Studien. Darin waren Patienten nachuntersucht worden, die entweder vom Hausarzt oder vom Rheumatologen die klinische Diagnose „Gicht“ erhalten hatten, aber keine Harnsäurekristalle im Gelenk aufwiesen. Es ergab sich ein buntes Bild von Diagnosen. Knapp 20 % der Betroffenen litten unter einer Pseudogicht, also der Ablagerung von Kalziumpyrophosphat im Gelenkknorpel. In je etwa 13 % der Fälle sorgten eine rheumatoide Arthritis, eine aktivierte Arthrose oder eine Spondyloarthritis (inkl. Psoriasisarthritis) für die Beschwerden. Entzündlich-rheumatische Krankheitsbilder beginnen häufig mit dem Befall nur eines Gelenks und imponieren dann wie eine Gicht, betonte Dr. Schneidereit.
Hinter knapp 12 % der vermeintlichen Gichtfälle steckten Krankheitsbilder wie septische Arthritis (2,0 %), systemischer Lupus erythematodes (0,8 %), reaktive Arthritis (0,7 %) oder CED-assoziierte Arthritis (0,5 %). Bei etwa 20 % der Patienten ließ sich keine Ursache nachweisen, nur gut 8 % der Patienten wurden weiterhin klinisch unter „Gicht“ subsummiert.
* Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin
Quelle: 130. Kongress der DGIM*