Kindheit Missbrauch hinterlässt tiefe Spuren
Etwa eines von fünf Kindern ist körperlicher Gewalt ausgesetzt, eines von zehn erlebt sexuellen Missbrauch. Wie sich das langfristig auf die Gesundheit auswirkt, haben Dr. Philipp Frank vom University College in London und Kollegen untersucht. Sie wertete dazu die Daten zweier prospektiver Kohortenstudien aus Großbritannien und Finnland aus. Die Teilnehmer machten zu Studienbeginn Angaben zu Missbrauchserfahrungen. Während der Nachbeobachtungszeit (im Mittel 4,6 Jahre in Großbritannien bzw. 10,6 Jahre in Finnland) wurde das Auftreten von 77 Krankheiten untersucht, die einen stationären Aufenthalt erforderlich machten.
Die Kollegen fanden eine Assoziation zwischen den Gewalterfahrungen und 22 Erkrankungen. So stieg z.B. das Risiko für spätere psychische und Verhaltensstörungen bei den Opfern teilweise fast auf das Vierfache. Metabolische, hämatologische und respiratorische Krankheiten entwickelten sie zum Teil fast doppelt so häufig. Und das Risiko für entzündliche Erkrankungen war bei ihnen 1,2-fach höher als bei nicht-exponierten Personen. Das größte Hospitalisierungsrisiko bestand, wenn die Gewalt sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenalter stattgefunden hatte.
Die Autoren halten das für wichtige Erkenntnisse, die in der Betreuung von Missbrauchsopfern unabhängig vom Alter bedacht werden sollten. Außerdem unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung von präventiven Strategien in der Gesundheitspolitik.
Quelle: Frank P et al. Lancet Reg Health Eur 2024; 40: 100883; doi: 10.1016/j.lanepe.2024.100883