Vitamin D Mit alten Gewohnheiten brechen

Autor: Annette Kanis

Welchen Einfluss hat Vitamin D auf das Frakturrisiko? Welchen Einfluss hat Vitamin D auf das Frakturrisiko? © bit24 – stock.adobe.com

Mit dem Älterwerden beginnt so mancher, sich um seine Knochengesundheit zu sorgen. Doch auch mit 50plus gilt: Wer sich ausgewogen ernährt und wer halbwegs gesund lebt, hat eigentlich alles, was sein Körper braucht. Das gilt auch für die Versorgung mit Vitamin D und Calcium.

Pillen und Kapseln, die die Versorgung mit Vitamin D sicherstellen und damit für gesunde Knochen sorgen sollen, sind beliebt. So schluckt etwa jeder dritte US-Amerikaner ab 60 Jahren zusätzlich zur Alltagskost ein entsprechendes Präparat.

Doch bei an sich gesunden Erwachsenen gehen die Bemühungen um den Knochenschutz komplett ins Leere, stellten Dr. Meryl LeBoff vom Brigham and Women’s Hospital in Boston und Kollegen fest. Die Wissenschaftler hatten Daten aus der VITAL-Studie analysiert, einer großen randomisierten Kontrollstudie, die Zusammenhänge zwischen der Versorgung mit Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren und der Wahrscheinlichkeit für Krebs, kardiovaskuläre Erkrankungen und etliche andere Leiden klären sollte.

In ihrer Substudie konzentrierten sich Dr. LeBoff und Kollegen auf den möglichen Einfluss von Vitamin D auf das Frakturrisiko. Insgesamt bestand die Studienpopulation aus 25.871 Männern (≥ 50 Jahre) und Frauen (≥ 55 Jahre); Vitamin-D-Status, Vorliegen einer Osteoporose sowie Knochendichte spielten dabei keine Rolle. Die eine Hälfte hatte eine Supplementierung mit 2.000 IE Vitamin D3 erhalten, die übrigen Placebo. Einmal jährlich war das Auftreten von Frakturen abgefragt worden.

Über den mittleren Zeitraum von 5,3 Jahren gaben 1.551 Teilnehmer Knochenbrüche an. Ob die Betroffenen Vitamin D genommen hatten oder nicht, hatte dabei keine Relevanz. Auch die zusätzlichen 1.200 mg Kalzium täglich, die jeder Fünfte aus der Verum-Gruppe geschluckt hatte, blieben ohne Effekt.

Klares Urteil gegen die Supplemente gefällt

Dr. Steven Cummings und Dr. Clifford Rosen fassen die gesamten Erkenntnisse aus VITAL- und Substudie so zusammen: Eine Vitamin-D-Supplementierung bei weitgehend gesunden Erwachsenen ab 50

  • hat keinerlei Schutzeffekt gegen Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen (inkl. Schlaganfall) und wirkt sich nicht positiv auf Vorhofflimmern aus,
  • verhindert weder Stürze und Frakturen noch bessert sie die kognitive Leistung,
  • zeigt keinen Effekt auf die Anzahl an Migräneattacken,
  • schützt nicht vor altersbedingter Makuladegeneration.

Ihrer Meinung nach sind ein breites Screening auf ein Vitamin-D-Defizit und die allgemeine Supplementierung daher unsinnig.

Quellen:
1. LeBoff MS et al. N Engl J Med 2022; 387: 299-309; DOI: 10.1056/NEJMoa2202106
2. Cummings SR, Rosen C. N Engl J Med 2022; 387: 368-370; DOI: 10.1056/NEJMe2205993