AT1-Blocker Mit Blutdrucksenkern gegen Epilepsie

Autor: Annette Kanis/Stephanie Käufl

Versuche am Tiermodell haben in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB) epileptische Krampfanfälle hemmen können. Versuche am Tiermodell haben in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB) epileptische Krampfanfälle hemmen können. © Valeryi – stock.adobe.com

Hypertonie und Epilepsie gehen häufig Hand in Hand. Inwiefern ein Blutdruckmedikament epileptische Anfälle reduzieren kann, untersuchte jetzt eine große Kohortenstudie aus Deutschland.

Versuche am Tiermodell haben in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB) epileptische Krampfanfälle hemmen können. Bekannt ist zudem, dass für Patienten mit Hypertonie ein erhöhtes Risiko besteht, eine Epilepsie zu entwickeln.

Studie mit bis dato anfallsfreien Hypertonikern

Ob die Einnahme von ARB bei Menschen die Epilepsieinzidenz senken kann, wurde nun von einer Arbeitsgruppe um Dr. ­Corinna ­Doege vom Klinikum Bremen-Mitte untersucht. Eingeschlossen in die retrospektive Kohortenstudie waren über 160.000 erwachsene Patienten aus mehr als 1.200 Allgemeinarztpraxen.

Sie alle nahmen aufgrund ihres Bluthochdrucks mindestens einen Blutdrucksenker ein, ihr Durchschnittsalter betrug 62,3 Jahre, bei 51 % handelte es sich um Frauen. Ausgeschlossen waren Patienten mit Epilepsie und solche, bei denen in den ersten drei Monaten nach Studienbeginn eine Krampferkrankung diagnostiziert wurde. 

In jeder Wirkstoffgruppe (ARB, Beta-Blocker, ACE-Hemmer und Kalziumkanalblocker) befanden sich exakt 42.153 Patienten. Aufgrund des Matched-Pair-Designs waren alle vier Gruppen hinsichtlich Alter, Geschlecht und Komorbiditäten gleich strukturiert. 16,1 % hatten einen Diabetes mellitus, 3,6 % eine zerebrovaskuläre Erkrankung.

Innerhalb des bis zu fünfjährigen Follow-ups kam es unter ARB am seltensten zu einer Epilepsie: 0,27 % hatten innerhalb des ersten Jahres einen Anfall erlitten, 0,63 % nach drei Jahren, 0,99 % nach fünf Jahren. 

Angiotensin-Rezeptorblocker hielten Epilepsierate niedrig

Am höchsten war die Inzidenz bei den Patienten, die mit Betablockern oder Kalziumkanalblockern (CCB) behandelt worden waren. Für beide Substanzen lag sie nach einem Jahr bei 0,38 %. Nach drei Jahren betrug sie 0,91 % bzw. 0,93 %, nach fünf Jahren 1,47 % bzw. 1,48 %. Im Vergleich zu den anderen Anti­hypertensiva war die ARB-Therapie mit einer signifikant niedrigeren Epilepsieinzidenz assoziiert (Hazard Ratio 0,77). Damit könnten Angiotensin-Rezeptorblocker als neuer Ansatz zur Prävention von Epilepsie bei Patienten mit arterieller Hypertonie eingesetzt werden, resümieren die Autoren und sprechen sich für weitere Studien in diesem Zusammenhang aus.

Quelle: Doege C, Luedde M, Kostev K. JAMA Neurol 2022; 79: 1296-1302; doi: 10.1001/jamaneurol.2022.3413