Mit Haken und Würmern – lebende Organismen sollen MS eindämmen

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp

Die Larven des Hakenwurms wurden transkutan appliziert. Die Larven des Hakenwurms wurden transkutan appliziert. © Science Photo Library/Scharf, David

In der Therapie der Multiplen Sklerose haben sich Hakenwurmlarven als sicher und gut verträglich erwiesen. Ein Einfluss auf die Läsionslast lässt sich bisher allerdings nicht nachweisen.

Die Hygienehypothese besagt, dass Infektionen mit gastrointestinalen Würmern und anderen Erregern vor der Entwicklung allergischer und autoimmuner Erkrankungen schützen. Umgekehrt soll ein Mangel an solchen „immunologischen Herausforderungen“ Krankheiten wie die Multiple Sklerose (MS) begünstigen.

Diese Überlegungen befeuerten zuletzt die Entwicklung immunmodulatorischer Behandlungsansätze, etwa die Fadenwurmtherapie. MS-Patienten sollten z.B. drei Monate lang alle zwei Wochen eine Suspension von Trichuris-suis-Eiern zu sich zu nehmen, wovon man sich eine nachhaltige Verbesserung der Klinik und der Läsionslast erhoffte. Diese blieb bislang jedoch aus.

Ebenfalls wenig überzeugend fielen die Ergebnisse einer aktuellen randomisierten kontrollierten Studie der Gruppe um Dr. Radu­ Tanasescu­, University of Nottingham aus.1 Sie hatte Patienten jeweils 25 Hakenwurmlarven der Spezies Necator americanus oder Placebo transkutan appliziert und nach neun Monaten die Effekte überprüft. Zwar vertrugen die Teilnehmer die Verum-Behandlung insgesamt gut und auch die T-regulatorischen Zellen im peripheren Blut waren signifikant im Vergleich zu Placebo gestiegen. In puncto Läsionslast unterschieden sich die Therapiegruppen jedoch nicht voneinander.

Den Grund dafür sahen die Forscher vor allem im Fehlen aktiver Läsionen bei vielen der insgesamt 71 RRMS-Patienten. Die Unterschiede hätten sich also gar nicht zeigen können, so ihr Argument.

Nur gegen Placebo zu testen ist bei MS wenig sinnvoll

Ihrer Forderung nach weiteren Hakenwurmstudien wollen sich Kollegen aus Cleveland allerdings nicht anschließen.2 Zudem sei die Arbeit von Dr. Tanasescu et al. noch vor Markteinführung der modernen immunmodulatorischen Biologika durchgeführt worden. Mittlerweile gehörten diese zum Goldstandard der MS-Therapie. Eine Studie, in der ausschließlich gegen Placebo getestet werde, sei daher nicht mehr akzeptabel. Allerdings sehen auch die Kommentatoren in der Hygienehypothese eine sinnvolle Basis für die Entwicklung von modernen MS-Therapeutika.

Quellen:
1. Tanasescu R et al. JAMA Neurol 2020; doi: 10.1001/jamaneurol.2020.1118
2. Ontaneda D, Cohen JA. A.a.O; doi: 10.1001/jamaneurol.2020.0519