Chronische Schmerzen Mit zwei Schritten zur verlässlichen Diagnose
Vielfach scheinen die gängigen Methoden, Schmerzen korrekt zu erfassen und adäquat zu behandelt, zu versagen, schreiben Lauren Bifulco vom Community Health Center in Middletown und Kollegen. Häufig verwenden Ärzte eine numerische Ratingskala („Wie stark sind Ihre Schmerzen auf einer Skala von 0 bis 10?“), die aber nicht alle Aspekte der Erkrankung erfasst. Um die Diagnosestellung zu verbessern, haben die Wissenschaftler eine zweistufige Strategie entwickelt, und ihr Konzept in 13 Praxen im alltäglichen Einsatz über elf Monate hinweg auf Praktikabilität und Zuverlässigkeit hin getestet. In der Testphase wurden von den 68 teilnehmenden Ärzten fast 39.000 Patienten behandelt.
Skala von „niemals“ bis „jeden Tag“
Das neue Verfahren kommt ohne die gebräuchliche Schmerzskala aus. Stattdessen soll der Patient in einem ersten Screeningschritt angeben, wie oft er in den vergangenen drei Monaten Schmerzen gehabt hat. Dabei stehen ihm fünf Möglichkeiten zur Verfügung, die von „niemals“ bis „jeden Tag“ reichen.
Antwortet der Kranke mit „täglich“ oder „fast jeden Tag“, gilt das als „Positivergebnis“, dem man mittels der sogenannten PEG-Fragen nachgehen sollte. Diese ermitteln die vom Patienten beschriebene Schmerzstärke (P, pain) sowie den Einfluss der Beschwerden auf Lebensqualität (E, enjoyment of life) und ihre Folgen auf die Alltagsaktivitäten (G, general activity).
Ein Ergebnis von sieben oder mehr Punkten auf einer Skala von 0 bis 10 gilt als schwere schmerzbedingte Beeinträchtigung. Die Einstufung soll vierteljährlich wiederholt werden.
Die Ärzte und ihre Mitarbeiter screenten 31.600 Patienten mit der neuen Methode. Mehr als jeder dritte Kranke erhielt ein positives Resultat und wurde dem Konzept folgend weiter untersucht. Wie sich daraus ergab, litt mehr als die Hälfte der Untersuchten (59,1 %) unter so starken Schmerzen, das Alltag und Lebensqualität merklich beeinträchtigt waren. Bei einem großen Teil dieser Patienten (43,9 %) fand sich für das zurückliegende Jahr kein entsprechender Befund, und etwa die Hälfte von ihnen erhielt erstmals die Diagnose „chronische Schmerzen“.
Zwar hätten die Fragen den Patienten mitunter erläutert werden müssen, was einen gewissen Mehraufwand darstelle, berichten die Autoren abschließend. Insgesamt habe sich das Konzept aber recht problemlos etablieren lassen.
Quelle: Bifulco L et al. JAMA Netw Open 2021; 4: e2118495; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.18495