Petechien bei Leichenschauen Mordsmäßige Einblutungen

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Die Leichenschau war durch einen Notarzt erfolgt, der die Hautveränderungen für Melanome gehalten hatte. Tatsächlich aber hatte der Lebensgefährte die Frau mit einem Kissen erstickt. Die Leichenschau war durch einen Notarzt erfolgt, der die Hautveränderungen für Melanome gehalten hatte. Tatsächlich aber hatte der Lebensgefährte die Frau mit einem Kissen erstickt. © Lyudmila – stock.adobe.com

Petechiale Einblutungen im Gesicht sind oft der einzige Anhaltspunkt für einen gewaltsamen Tod durch Halskompression. Dieser Umstand scheint unter Ärzten, die Leichenschauen vornehmen, zu wenig bekannt zu sein. Das ergab eine retrospektive Untersuchung.

Jeder zweite Leichnam mit Petechien wurde obduziert

Die dortigen Rechtsmediziner werteten sämtliche 2.822 Sterbefälle der Jahre 2010 bis 2021 aus, bei denen in der zweiten Leichenschau vor der Kremation Unstimmigkeiten aufgetaucht waren. Bei 283 Toten hatte der untersuchende Arzt Petechien im Gesichtsbereich gefunden. 133 Leichname – fast die Hälfte der auffälligen Sterbefälle – waren daraufhin obduziert worden.

Bei den allermeisten dieser Obduktionen (97 %) hatte sich eine natürliche Todesursache ergeben. Aber in zwei Fällen wurde ein Tötungsdelikt aufgedeckt, schreiben Dr. Julia Wudtke vom Institut für Rechtsmedizin an der Universitätsmedizin Greifswald und Kollegen.

Im ersten Fall, einer hochbetagten Frau, fielen in der Krematoriumsleichenschau wulstige, flächenhafte Vertrocknungen beider Wangen mit Petechien im Randbereich auf. Auch an den Augenlidern und Bindehäuten fanden sich punktförmige Einblutungen. Die Obduktion ergab u.a. eine Fraktur im Schildknorpeloberhorn und eine Einblutung in das linke Schildknorpelringknorpelgelenk. Die Leichenschau war durch einen Notarzt erfolgt, der die Hautveränderungen für Melanome gehalten hatte. Tatsächlich aber hatte der Lebensgefährte die Frau mit einem Kissen erstickt.

Im anderen Fall waren bei der zweiten Leichenschau neben fazialen Petechien auch Schürfungen und Einblutungen der Gesichts- und Halshaut sowie an den Unterarmen gefunden worden. Die Obduktion ergab Hämorrhagien in die Kopfwender- und in die gerade Halsmuskulatur beiderseits sowie Frakturen der Schilddrüsenoberhörner. Auch der Ringknorpel war gebrochen.

Irrtümlich stand plötzlicher Herztod in den Papieren

Der Hausarzt, der die erste Leichenschau vorgenommen hatte, hatte einen plötzlichen Herztod infolge einer Lungenembolie bescheinigt. Die Ermittlungen ergaben aber, dass die Rentnerin wegen eines Streits um Geld erwürgt worden war.

Quelle: Wudtke J et al. Rechtsmedizin 2023; DOI: 10.1007/s00194-023-00623-2