Hautveränderungen Mal unter die Oberfläche schauen
Dank Dermatoskopie und Ganzkörperfotografie gelingt es, selbst bei Menschen mit vielen Leberflecken Hautveränderungen im Auge zu behalten und Tumoren frühzeitig zu erkennen. Trotzdem: Bei Weitem nicht jede verdächtige Hautstelle entpuppt sich als malignes Geschehen und die Ausdehnung eines Tumors lässt sich auch nicht immer zuverlässig bestimmen.
Um Melanome besser identifizieren zu können, testen Prof. Dr. Josep Malvehy, Hospital Clinic Barcelona, und sein Team inzwischen einen automatischen Scanner, der vom gesamten Körper dermatoskopische Bilder anfertigt. Dieser gibt den Patient:innen genaue Anweisungen und erfasst innerhalb von etwa 10 Minuten die gesamte Haut in großer Auflösung. Mithilfe einer Software lässt sich aus den Aufnahmen anhand von Asymmetrie, Rand, Farbe und Durchmesser für jede Läsion ein Score für das Melanom-Risiko berechnen – und damit erreicht das Gerät eine bessere Treffsicherheit als Dermatolog:innen. Wichtig für Prof. Malvehy: „Man braucht die Dermatoskopie.“ Denn im direkten Vergleich mit modernen Digitalkameras liefere die digitale Dermatoskopie die bessere Auflösung.
Auch Prof. Dr. Elisa Cinotti setzt auf dermatoskopische Details und nutzt dafür Instrumente mit besonders hoher Vergrößerung. Früher habe man solche Bilder gar nicht interpretieren können, sagte die Dermatologin von der Universität Siena. Doch seit demonstriert worden sei, dass sich damit einzelne pigmentierte Zellen identifizieren lassen, seien solche Makroaufnahmen wieder interessant. Prof. Cinotta arbeitet unter anderem mit einem stark vergrößernden Dermatoskop, das per Knopfdruck um eine Fluoreszenzfunktion erweitert werden kann. Das erlaube die Ansicht von pigmentierten Keratinozyten, atypischen Melanozyten, Melanophagen, Gefäßen und der Architektur der Verbindungen zwischen Dermis und Epidermis. So könne die Methode zusätzliche Informationen liefern, um z.B. Melanome und atypische Nävi zu unterscheiden. Immer funktioniere das jedoch nicht: Bei blauen Nävi oder hyperkeratotischen Bereichen stoße sie an ihre Grenzen.
LC-OCT - Atypien ohne Biopsien erkennen
Atypien schon dann zu erkennen, wenn sie noch lange keinen Tumor darstellen – daran arbeiten Wissenschaftler:innen um Prof. Dr. Veronique del Marmol vom Hôpital Erasme in Brüssel. Dafür betrachten sie die Größe und räumliche Verteilung von Zellkernen im Gewebe, die als Marker für die Diagnose dienen können. Das Gute: Für ihre Analysen sind Biopsien unnötig, es geht auch nichtinvasiv über die sogenannte Line-Field konfokale optische Kohärenztomografie (LC-OCT). Mithilfe dieser Methode lässt sich praktisch ähnlich wie mit einem Mikroskop vertikal und horizontal durchs Gewebe fokussieren. „Atypien können auf zellulärem Level definiert werden“, sagte Prof. del Marmol. Krankes Gewebe falle dabei v.a. durch unterschiedlich große und weit voneinander entfernte Zellkerne sowie weniger kompakte Zellverbände auf. Computerbasiert ließen sich aus den Aufnahmen die einzelnen Hautschichten mit dem Level der Atypie dreidimensional visualisieren. Für die Expertin öffnet das die Tür zu präziserem Monitoring und präziserer Bewertung der Malignität von Hautläsionen.
Zudem kann die LC-OCT auch die Ausdehnung eines Tumors deutlich machen, wie Dr. Javiera Perez, Hospital Clinic in Barcelona, anhand von Beispielen präsentierte. Charakteristische Veränderungen in den Zellschichten markieren dabei etwa die Ränder einer Lentigo maligna oder auch die Tiefe von Melanomen. Das könne bei der Therapie- oder OP-Planung helfen und vielleicht dazu beitragen, präziser zu exzidieren, sagte die Dermatologin.
Quelle:
Malvehy J et al. 19th EADO Congress; Symposium „New diagnostic approaches in skin cancer“